Mülheim. . Wer mit Holz arbeiten will, hat kaum eine Chance auf eine Lehrstelle. Dafür sucht die Gastronomie in Mülheim Nachwuchs. Arbeitsagentur bietet Hilfe an.

  • 316 junge Leute sind noch ohne Ausbildungsplatz. 242 Ausbildungsplätze sind noch frei
  • Die Chemie muss eben auch passen zwischen Betrieb und Azubi
  • Die Berufswahl ist oft noch sehr geschlechtstypisch

Das neue Ausbildungsjahr hat im August begonnen, dennoch gibt es immer noch 316 junge Leute in Mülheim, die ohne einen Ausbildungsplatz sind. Auf der anderen Seite sind 242 Ausbildungsplätze in Mülheimer Firmen unbesetzt.

Nun wird jemand, der mit Holz arbeiten möchte, nicht unbedingt mit einer Lehrstelle in der Gastronomie glücklich werden, dennoch rät die Arbeitsagentur immer auch zum Blick über den Tellerrand. In manchen Fällen verhilft vielleicht ein Ortswechsel zum Traumjob.

Die Arbeitsagentur versucht mit ihrem NRW-Ausbildungsatlas Licht ins Dunkle zu bringen. Dort kann man vergleichen, wo und in welchen Branchen Firmen händeringend Azubis suchen und wo Jugendliche Probleme haben, eine Ausbildung im Wunschberuf zu machen.

Wenn Bewerber und Stellen nicht zusammenkommen

Zum Beispiel Mülheim: Wer hier in der Holzbe- und -verarbeitung lernen möchte oder eine Laufbahn in der Tourismusbranche anstrebt, wird enttäuscht sein: Pro Bewerber stehen im ersten Fall nur 0,32 Stellen zur Verfügung, im zweiten Fall sind es sogar nur 0,19 Stellen. Dasselbe Problem haben Firmen, die etwa in der Elektrotechnik oder in der Gastronomie ausbilden möchten: Auf einen Bewerber kommen im ersten Fall 6,67; in der Gastronomie sogar 8,5 freie Ausbildungsplätze.

Eine andere Problematik liegt zugrunde, wenn es genau so viele Bewerber wie freie Ausbildungsplätze gibt, Bewerber und Stellen aber dennoch nicht zusammenkommen. So ist das in Mülheim etwa in Verwaltungsberufen der Fall, in Büro- und Sekretariatsberufen und auch bei Ausbildungsstellen in Arztpraxen.

Die Gründe könnten sein, so Katja Hübner, Sprecherin der Arbeitsagentur, dass der Schulabschluss des Bewerbers nicht zusagt, oder die Erwartungshaltung eine andere ist – die Chemie muss eben auch passen zwischen Betrieb und Azubi.

Fit für die Bewerbung

Obwohl die Arbeitsagentur einiges dafür tut, typische Rollenbilder aufzubrechen, ist die Berufswahl oft noch sehr geschlechtstypisch, sagt Hübner: Junge Frauen interessieren sich seltener für einen Ausbildungsplatz im Sanitär- und Heizungsbereich oder als Dachdecker.

In Oberhausen hat die Arbeitsagentur in einem Sommercamp gerade 15 noch unversorgte junge Frauen und Männer fit gemacht für die Bewerbung, Betriebspraktikum inklusive. Eine Sache, die sich lohnt, ist Jürgen Koch, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Mülheim/Oberhausen überzeugt. Er sagt aber auch, dass er eine „hohe Starre“ bei den Unternehmen erlebe. „Stellt euch auf die jungen Leute etwas breiter ein“, müsste die Botschaft lauten. Junge Leute brächten heute ein hohes Maß an Selbstbestimmung mit, man müsse ihre Stärken, und nicht nur die Schwächen im Blick haben. „Schaut auf die Talente, lasst sich das entwickeln – wir bieten Hilfe dazu an“, betont Koch.

Auch an die Jugendlichen appelliert der Agenturchef, sich nicht nur auf die eine Wunsch-Ausbildung festzulegen: „Schaut euch um, probiert euch aus“, empfiehlt er. Eine junge Frau aus dem Sommercamp entdeckte dabei übrigens ihr Interesse für den Steinmetz-Beruf, berichtet Jürgen Koch. Vorher habe sie sich das nicht vorstellen können.

Gute Schulabschlüsse

Die 316 jungen Frauen und Männer, die in Mülheim noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind, haben gute Schulabschlüsse. Fast ein Viertel davon (24,7%) hat Abitur. Über die Fachhochschulreife verfügen 22,8%. Einen Realschulabschluss haben 29,1% und 18 % den Hauptschulabschluss.