Mülheim. . Das markante Gebäude müsste einigen Mülheimern aus ihrer Jugend bekannt sein. Auch das Rätsel um den Anleger der Weißen Flotte ist gelöst.

Ein Uhrturm ohne Kirche – in Mülheim bestehen mehrere dieser baulichen Situationen. Auf dem Bild rechts hat der Uhrturm eine unersetzliche Funktion. Was die Stunde geschlagen hat, wollte und will in den benachbarten Räumen dieser Uhr schließlich jeder wissen. Entweder wollten die Minuten nicht vergehen, oder die Stunde war zu schnell vorbei. Wer kennt diesen Uhrturm? Wer hat mit ihm vielleicht während seiner Jungendzeit fast täglich Kontakt gehabt? Wer kann erzählen, was in den Räumen der Anbauten abging und heute noch passiert? Ingrid Schürenberg hat das „Deutschland-Bildheft“ wiederentdeckt und in die Redaktion gebracht.

Im zweiten Anlauf hat es doch geklappt. Mülheim-Kenner haben die Anlegestelle „Witthausbusch“ erkannt. Ja, die gab es einst – als die Schiffe der Weißen Flotte noch an sechs Anlegern zwischen Wasserbahnhof und Kettwig festmachten.

„Flussaufwärts gab es früher auf der linken Seite zwischen der Florabrücke und der Mendener Brücke ein Ausflugslokal, das ich als Kind mit meinem Großvater oft besucht habe. Es gab dort die Mülheimer Limonade ,Flöckchen’“, schreibt Peter Wilhelmi. „Dieses Lokal hatte eine eigene Anlegestelle. Man saß dort herrlich im Schatten alter Bäume oder im Schatten der arkadenartig überbauten Terrasse. Heute ist das Haus wohl in Privatbesitz. Ich erinnere mich jedenfalls an den Blick auf das andere Ruhrufer von der Anlegestelle aus. Vielleicht erinnern sich noch andere Mitbürger an diese Zeit und an dieses Lokal?“, fragt Wilhelmi.

Auch beim zweiten Anblick des Bildes war sich Lore Moosburg sicher, „dass es die Anlegestelle ,Witthausbusch’ unterhalb der Mendener Brücke ist. Es kommt mir sehr bekannt vor, weil ich schon als Kind und Jugendliche oft mit meinen Eltern dort eingestiegen bin. Der Blick geht in Richtung Saarn. Wir haben diesen Steg stets benutzt, weil wir in der Nähe wohnten“, erinnert sich Moosburg.

Ihre Erinnerungen und Bilderschätze sind gefragt

Wer Erinnerungen oder Hinweise zu den gezeigten Bildern hat, schickt sie an die WAZ-Lokalredeaktion, Eppinghofer Straße 1-3, 45468 Mülheim. Auch Ihre E-Mails sind erwünscht an die Adresse: redaktion.muelheim@waz.de.

Ihre alten Fotoschätze schicken Sie ebenfalls per E-Mail an die Redaktion oder bringen diese vorbei. Ihre Bilder werden in der WAZ veröffentlicht. Andere Leser können vielleicht bei der zeitlichen Einordnung helfen und sagen, was darauf zu sehen ist.

„Am Ruhrbadestrand, gegenüber der Anlegestelle Witthausbusch, habe ich bei Bademeister Pött meinen Frei- und Fahrtenschwimmer gemacht. Damals war es normal, in der Ruhr zu schwimmen“, ruft Hans-Georg Höttger an. „In den 1950er und 1960er Jahren war der Badestrand rund zwei Kilometer lang. Die Weiße Flotte war beliebt, weil sie so oft an den Ufern anlegte. Die Frau mit dem Kind schaut zur Saarner Ruhrstrandseite“, erläutert Höttger.

„Bei der Anlegestelle müsste es sich um die Haltestelle Witthausbusch der Weißen Flotte handeln. Die Anlegestelle befindet sich kurz vor der Mendener Brücke gegenüber dem Badestrand“, hat auch Volker Backes erkannt. „Das Bild müsste von Anfang der 1950er Jahre stammen, denn aus Erzählungen von meinem Vater, der dort als Aushilfsbademeister tätig war, weiß ich, dass Mitte der 1950er Jahre die Pappeln dort gepflanzt wurden, die auf diesem Bild noch nicht zu sehen sind“, ergänzt Backes das Wissen unserer Leserinnen und Leser.

Weil die Pappeln damals noch nicht gepflanzt waren, hatte der Badestrand am Saarner Ruhrufer eine andere Silhouette als heute. Aber Segelschiffe waren früher fast immer vor dem Wiesenstrand unterwegs, weil Mitfahrer dort gern von Deck in die Ruhr sprangen.

Willi Unkel hat die Anlegestelle Witthausbusch ebenfalls erkannt, aber nicht mehr dazu geschrieben.

Dafür hat Herbert Heintges noch einige Einzelheiten beigesteuert. „Das Bild wurde vom Leinpfad unterhalb der Mendener Brücke etwa in Mitte der 1960er Jahren aufgenommen“, ordnet er ein. „Der Anlegesteg mit Namen Witthausbusch befand sich etwa da, wo heute die Sperrung für Radfahrer am Leinpfad beginnt“, beschreibt Herbert Heintges die jetzt aktuelle Lage.

Hinter der Hecke sitzen

Klare Hinweise zu dieser Anlegestelle fehlten bisher.
Klare Hinweise zu dieser Anlegestelle fehlten bisher. © Stadt Mülheim

„Unterhalb davon gab es früher eine Gastronomie, den ,Ruhrstern’ direkt neben dem Leinpfad, das Haus mit dem abgerundeten Dach, mit den Schieferschindeln und den Arkaden. Dort konnte man früher hinter der tief geschnittenen Hecke sitzen und das Treiben auf der Ruhr beobachten“, erinnert er sich.

„Auf der anderen Uferseite der Ruhr war der Badestrand, wo etwas mehr links die Badestation von Herrn Bademeister Pött lag. Dort habe ich etwa 1956 mein Freischwimmerabzeichen gemacht.“

Und Heintges hat auf dem Bild noch mehr entdeckt: „Links vom Segelboot am Horizont ist als Erhebung Kellermanns Büschchen von der ehemaligen Malzfabrik Kellermann in Saarn zu sehen. Heute ist es verdeckt durch Bebauung und Bewuchs. Ich besitze noch einen Filmausschnitt, der zwar etwas unscharf, aber eindeutig die Weiße Flotte an dieser Stelle zeigt, am Anleger Witthausbusch“, schreibt Herbert Heintges.

An die Gaststätte „Ruhrstern“ erinnert sich auch Ute Barth. „Dort konnte man prima sitzen und klönen.“ Statt des Anlegers „Witthausbusch“ hatte sie den Anleger „Hahnenfähre“ im Blick.

„Der Anleger befand sich von der Stadt aus gesehen vor der Mendener Brücke, wo der Fußweg von der Mendener Straße auf den Leinpfad mündet – nahe der Fahrradsperre. Das Gitter und die Befestigung für das Haltestellenschild existierten 2015 noch“, bestätigt Jürgen Schimanski aus dem Rathaus.