Mülheim. . Die Besucher vom achten Young- und Oltdimer-Festival in der Alten Dreherei kommen aus ganz unterschiedlichen Gründen. 1000 Fahrzeuge rollten an.

Eine tümpelgroße Pfütze! Und direkt daneben haben Ehepaar Heider und Ingo Klippstein ihre Campingstühle aufgeklappt. Sie thronen vor ihrem T2 Wohnmobil, als würden sie in der Sonne baden statt Schauer erwarten. „Wir nehmen es, wie es kommt”, sagt Klipp-stein. Mit der Liebe für VW-Campingbusse aus den 70er Jahren geht eine lockere Lebensphilosophie einher. „Statt direkt die Satellitenschüssel herauszuholen, um pünktlich zur Tagesschau vor dem Fernseher zu sitzen, leben wir beim Camping einfach mit der Zeit”, erzählt Brigitte Heider. „Ganz entspannt, so wie damals zur Flower-Power-Zeit”.

Die Wohnmobile des Oldie-Camping-Clubs waren zum ersten Mal auf dem Gelände der Alten Dreherei zu bestaunen – und damit nicht die einzige Neuheit, mit der das Young- und Oldtimerfestival im achten Veranstaltungsjahr aufgefahren ist. „Im letzten Jahr lag der Schwerpunkt bei Porsche und MG”, erklärt Veranstalter Martin Menke. „Dieses Jahr zeigen wir viele landwirtschaftliche Fahrzeuge” – also Dreschkasten oder Traktoren samt Hänger oder Heuwender.

3000 Quadratmeter zur Verfügung

Viele der alten Agrarfahrzeuge konnten dabei im Trockenen bleiben. Denn das Team des Trägervereins hatte es geschafft, fast die komplette Halle des ehemaligen Ausbesserungswerkes für die diesjährige Ausstellung herzurichten. Statt 1500 wie im letzten Jahr, standen ganze 3000 Quadratmeter zur Verfügung.

In der Halle und im Außenbereich der Dreherei waren an beiden Tagen zusammen rund 1000 Autos zu sehen, also genauso viele wie im letzten Jahr. Am Samstag allerdings war es noch ungewöhnlich leer auf dem sonst so vollbefahrenen Gelände – bei der Unwettergefahr schienen sich viele Oldie-Fans nicht mit ihren Schätzen aus der Garage getraut zu haben.

Wer es dann doch zur Dreherei geschafft hatte, dem stand die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Der eine suchte nach Schmuckstücken bei der erstmalig veranstalteten Modellautobörse, die andere schwelgte in Jugendromantik. „Das war damals mein Wunschauto”, posaunt die Mülheimerin Edith Kraft, als ein roter Fiat 5000 an ihr vorbeisaust. „Hier kommen die Träumereien aus der Jugend wieder hoch.” Ähnlich geht es Joachim Bockfeld, der seine Augen nicht vom DDR-Sportwagen Melkus RS 1000 lassen kann. „Und mit dem Opel Kadett A daneben”, erzählt Bockfeldt, „damit habe ich damals selbst angefangen.”

Nostalgie spielt keine Rolle

Für Tim Kirscher, Jahrgang 1993, spielt Nostalgie keine Rolle. Schließlich ist hier jedes Auto älter als er selbst. Der Grund für seinen Besuch: der Solinger will seine beiden Söhne, drei Jahre und drei Monate alt, mit seinem Hobby anstecken. „Der Ältere hat zu Weihnachten schon ein Modelleisenbahn-Starterpaket bekommen”, sagt Kirscher. Der Bekehrungsversuch scheint zu fruchten: Euphorisch zeigt der Dreijährige von Papas Schultern herab auf die Kunststoffbahn-Unikate, die aktuellen Linien wie der 112 oder MVG-Oldies nachempfunden sind und im Obergeschoss der Dreherei ihre Runden drehen.

Eine Etage tiefer: ein Straßenbahn-Oldie in Originalgröße. Die Linie 216, der letzte Vorkriegswagen in Mülheim, gehört zum festen Inventar der Dreherei. In der hauseigenen Schauwerkstatt, in der historische Werkzeugmaschinen stehen, soll die alte Bahn bald voll hergerichtet werden. Schon jetzt wird also an den Höhepunkten für 2017 gearbeitet – mit voller Muskelkraft. Denn anders sind die Maschinen in der Werkstatt nicht zu betätigen. Nostalgie kann also bedeuten: relaxen wie die Hippie-Camper oder hart ackern. Hauptsache, der Spaß ist da.

Nächste Termine an der Alten Dreherei

Der nächste Termin, der an der Alten Dreherei ansteht, ist das Internationale Baucamp. Vom 26. Juni bis zum 9. Juli helfen junge Menschen aus verschiedenen Ländern den Ehrenamtlichen des Trägervereins bei der Sanierung der Halle.

Am 11. September öffnet die Alte Dreherei ihre Türen zum Tag des Denkmals, am 17. und 18. September für die Modellbahntage. Info: www.alte-dreherei.de