Mülheim. Andrea Kocks leitet seit Januar die Grundschule am Steiger Weg.„Individuelle Förderung wird immer wichtiger“, sagt sie.
Die Tür zu ihrem Arbeitszimmer macht Andrea Kocks nur selten zu. Sie möchte mitbekommen, was draußen im Schulgebäude passiert und signalisieren, dass sie immer da ist für alle Kinder. Die Schüler mögen das, haben keine Scheu vor der Schulleiterin. Es kommt vor, dass aufgeweckte Knirpse an ihrem Raum vorbeischlendern und ihr zurufen: „Geht’s dir gut, Frau Kocks?“
Die 44-Jährige ist schon seit Januar neue Rektorin an der Grundschule am Steigerweg, sie löste Harald Schipper ab, der in den Ruhestand ging und ist verantwortlich für 234 Kinder und elf Lehrerinnen – ein knapp besetztes Kollegium. „Ich habe eine gut aufgestellte Schule übernommen, in der es noch ein bisschen so ist wie früher“, sagt sie und denkt dabei auch an ihre eigene Schulzeit, in der die Klassenlehrerin noch die einzige Bezugsperson der Schüler war.
Andrea Kocks besuchte die Lierbergschule und das Otto-Pankok-Gymnasium, bevor sie in Essen studierte (Primarstufe, Fächer: Mathematik, Deutsch, Evangelische Religion). Nebenbei engagierte sie sich jahrelang in der kirchlichen Jugendarbeit. Ihr Referendariat absolvierte die überzeugte Mülheimerin am Blötter Weg, als junge Lehrerin war sie an der Trooststraße sowie an einer Schule in Gronau im Einsatz. Zuletzt arbeitete die Mutter von zwei 14-jährigen Töchtern zwölf Jahre lang an der Pestalozzischule, seit 2012 als Konrektorin. Mit halber Stelle war sie außerdem für das Schulverwaltungsamt tätig – als Koordinatorin für den Inklusionsprozess.
Demokratie erfahren
An der Grundschule am Steiger Weg gibt es zurzeit erst ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf und nur zwei Seiteneisteigerkinder. „Aber das wird sich ändern. Die Schülerschaft wird überall immer heterogener, dem müssen wir als Schule gerecht werden, indem wir noch mehr als bisher individuelle Förderung betreiben“, meint Andrea Kocks. Deshalb macht ihre Schule jetzt auch beim Projekt „Ruhrfutur“ mit, das den Unterricht nachhaltig verbessern und allen Kindern und Jugendlichen Bildungserfolge ermöglichen will.
Bewährtes führt die Schulleiterin fort, sie bringt aber auch Neues ein. Eine durchgängige Unterrichtsgestaltung in jedem Jahrgang schwebt ihr vor, d.h. jede Klasse erarbeitet mit den gleichen Methoden die gleichen Inhalte und schreibt die gleichen Arbeiten. „Die Kollegen können dann viel besser zusammenarbeiten“. Nach einer Kinder- und Elternbefragung steht zudem fest: Es soll bald auch AGs für Nicht-OGS-Kinder geben. Ein Schülerparlament hat die Rektorin bereits eingeführt, Demokratie soll so erfahrbar werden.
Die Grundschule, sagt Andrea Kocks, müsse Kindern Basis-Wissen vermitteln, sie sei aber auch ein wichtiger Ort für das soziale Lernen. Wer zur weiterführenden Schule wechselt, sollte zudem selbstständig lernen können. „Die Kinder müssen verstehen,, warum sie lernen und dass das Lernen Spaß machen kann.“
Inklusionsprozess ist noch in Entwicklung
Inklusionskoordinatorin war Andrea Kocks von 2010 bis 2016. „Das war etwas ganz anderes als das Unterrichten, eine vielfältige Aufgabe. Es ging darum, den Inklusionsprozess in den Schulen zu initiieren und zu begleiten, die Kooperation zwischen Schulen, Sozialpädagogen und Eltern zu fördern oder auch öffentlich über das Inklusionsgesetz und seine Umsetzung zu informieren“, berichtet sie.
Ihr Fazit: „Die Inklusion ist immer noch in der Entwicklung. Da muss noch viel getan werden, was die sächliche und personelle Ausstattung der Schulen angeht, aber auch die Haltung der Lehrer und Eltern.“ Gab es zu Beginn ihrer Koordinierungstätigkeit fünf Grundschulen, in denen auch Kinder mit Förderbedarf unterrichtet wurden, so sind es nun 17. Die Zahl der Kinder, die inklusiv beschult werden, stieg von 20 auf 270. Inklusionskoordinator bei der Stadt ist derzeit Christian te Heesen.