Mülheim. Gutachter haben den Bus- und Bahnverkehr der Mülheimer Verkehrsgesellschaft analysiert. Die Stadt soll den Schienenverkehr weiter optimieren.

Eine schnelle deutliche Reduzierung des Defizits bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) ist aus Sicht der Gutachter der Verkehrs-Consult Dresden-Berlin GmbH nicht möglich. Sie haben zwei Jahre lang im Auftrag der Stadt mehrere Szenarien durchgerechnet, diese nicht nur wirtschaftlich, sondern auch unter Umwelt- und Demografieaspekten bewertet. Sie empfehlen der Stadt weiterhin, auf die Schiene zu setzen, Strecken zu optimieren, Bus- und Bahnverkehr besser aufeinander abzustimmen – und eine konsequente Effizienzsteigerung bei der MVG vorzunehmen.

Im Rathaus hatte man eher darauf gehofft, dass Gutachter langfristig den Umstieg von der teuren Schiene auf den Bus präferieren würden, um von dem jährlichen Defizit in Höhe von 30 Millionen Euro derzeit herunterzukommen. Auch diese Variante haben die Gutachter durchgerechnet. Durch die komplette Aufgabe des Schienennetzes würde zwar langfristig das Defizit am deutlichsten sinken – um 10,8 Millionen Euro jährlich, aber erst in 30 Jahren etwa. Bis dahin dominierten bei dieser Variante enorme Kosten. Von rund 200 Millionen ist die Rede, für die Rückzahlung von Fördergeldern und für Schadenersatzansprüche. Zudem sind die Gutachter überzeugt, dass mit der Aufgabe des Schienenverkehrs auch die Nutzerzahlen spürbar sinken werden. Diese werde auf etwa 20 Prozent beziffert.

Zweites Szenario befasst sich mit der Aufgabe sämtlicher Tunnelanlagen

Ein zweites Szenario befasst sich mit der Aufgabe sämtlicher Tunnelanlagen, die in der Unterhaltung sehr kostspielig sind: 5,7 Millionen Euro verschlingen die U-Bahn-Schächte jährlich. Diesen Kosten steht ein vergleichsweise geringer Nutzen gegenüber. „Vor diesem Hintergrund würde man die Tunnelanlagen in Mülheim nicht mehr in der heutigen Form errichten“, so die Gutachter. Doch die Aufgabe wäre nur langfristig möglich und in weiten Teilen, was die U18 angeht, nur gemeinsam mit Essen realisierbar.

Bliebe der dritte Weg, den die Gutachter für den besten halten: „Zielnetz“ nennen sie diese Variante, die eine kurz- bis mittelfristige Stilllegung des Kahlenberg-Astes – auch unter Inkaufnahme von Fördermittelrückzahlungen – vorsieht sowie eine bessere Abstimmung von Bahn- und Busnetz, die Führung der Straßenbahnlinie 102 nach Saarn statt zum Uhlenhorst und die Beibehaltung der Linien U18, 901 und 112. Durch diese Maßnahmen, so die Gutachter, ließen sich 3,1 Millionen jährlich einsparen. Oberbürgermeister Ulrich Scholten meint, dass das „Zielnetz“ am ehesten auch noch vom Land gefördert werden könnte.

Die Gutachter sehen im „Zielnetz“ die schnellste Möglichkeit, das Defizit zumindest etwas zu reduzieren, ohne zugleich die Attraktivität des Angebotes zu verschlechtern. Die gute regionale Verknüpfung bleibe erhalten. Zwar werde das Bahnangebot um acht und das Busangebot um 17 Prozent dabei verringert, doch der Kundenrückgang wird auf unter zwei Prozent beziffert.

Effizienzsteigerung der MVG als Ziel

Ein Einsparpotenzial von 8,1 Millionen Euro sehen die Gutachter jenseits von Straße und Schiene bei einer Effizienzsteigerung der MVG, allerdings auch nicht kurzfristig. Gedacht ist an einen Zeitraum von 15 Jahren, weil dies auch mit Personalabbau einhergehen würde.

In den nächsten Monaten wird sich die Politik mit dem Gutachten befassen. Ihr liegen nicht nur die 80 Seiten reines Gutachten und 200 Seiten Anhänge vor, sondern auch Stellungnahmen von der MVG und der Mülheimer Beteiligungsholding. „Wir sind in der Bewertung nicht immer einer Meinung“, heißt es im Rathaus dazu. Manches, so Scholten, seien auch Glaubensfragen. Und von manchen Dingen, so Vermeulen, wisse man auch gar nicht, wie sie sich entwickeln werden – der Autoverkehr, der Radverkehr, die politische Willensbildung. Aber, so der OB, man muss endlich auch einmal damit anfangen, von dem Defizit herunterzukommen. „So viel Verluste wie die MVG“, sagt Vermeulen, „macht keine andere Gesellschaft in vergleichbarer Größe.“