Mülheim. . Sämtliche Busse und Bahnen fielen gestern aus. 800 Mülheimer demonstrierten in Bochum.Ausgefallene Müllabfuhren werden nachgeholt. Kitas und Bibliotheken hatten geschlossen

Menschenleere Haltestellen, ausbleibende Müllabholung und geschlossene Kitas – der Warnstreik der Gewerkschaft Verdi im öffentlichen Dienst hatte Mülheim am Dienstag fest im Griff.

Die Haltestelle Stadtmitte war am Dienstagmorgen wie leer gefegt. Busse und Bahnen fuhren hier – wie im gesamten Stadtgebiet – keine. Nur sehr selten verirrten sich Mülheimer ohne Kenntnis über den Streik zur Haltestelle. „Ich habe davon nichts mitbekommen und wurde kalt erwischt“, gestand Studentin Leila Mahulic (24). Statt zur HRW ging es für sie wieder nach Hause. Mitarbeiter der MVG informierten an den zentralen Haltepunkten über Grund und Dauer der Ausfälle. „Nicht alle haben dafür Verständnis“, berichtete ein Fahrkartenkontrolleur, der gestern umfunktioniert wurde.

Tarifrunde am Wochenende

450 MVG-Mitarbeiter hatten sich an dem Warnstreik beteiligt. 150 von ihnen fuhren mit drei Bussen zur zentralen Verdi-Kundgebung nach Bochum. „Dort haben wir ein starkes Zeichen gesetzt“, sagt Rainer Sauer, der im Gewerkschaftsbezirk Mülheim-Oberhausen für den Bereich Verkehr zuständig ist, im Vorfeld der letzen Tarifrunde am Wochenende.

Bei den Verhandlungen steht vor allem die Regelung zur betrieblichen Rente im Fokus. Diese Zusatzversorgung wird bisher allein vom Arbeitgeber finanziert. Die Arbeitgeberseite fordert nun aber eine Eigenbeteiligung der Beschäftigten. „Das Thema hat Gewicht und dem-entsprechend viele Kollegen mobilisiert“, berichtet Dirk Neubner, Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung. 800 Mülheimer Beschäftigte aus Stadtverwaltung, MVG, MEG, MST und SEM hat er bei der Kundgebung in Bochum gezählt. Insgesamt waren 3500 Beschäftigte zum Streik aufgerufen.

Sämtliche Kitas bleiben zu

Die hohe Streikbeteiligung zeigte sich gestern in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens. Die Stadtbibliotheken und das Medienhaus blieben geschlossen. Die Rückgabe von Medien war nur über die entsprechende Bücherklappe möglich. Ebenfalls zu blieb das Bürgeramt. Der Betrieb in sämtlichen 39 städtischen Kindertagesstätten fiel flach. Die Kinder wurden in neun Notgruppen untergebracht.

Erhebliche Ausfälle gab es bei der MEG. Die Straßenreinigung fand nur in der Innenstadt statt, am Recyclinghof setzte der Betrieb aus, auch die Bioabfuhr fiel dem Streik zum Opfer. Immerhin in zehn von zwölf Revieren wurde der Müll abgeholt. „Die Müllabfuhren, die ausgefallen sind, werden wir in den nächsten Tagen sukzessive nachholen“, versprach MEG-Geschäftsführer Jürgen Jeppel. Die Tonnen der betroffenen Haushalte sollen deshalb am Straßenrand stehen bleiben. Für die entfallenen Straßenreinigungen gibt es hingegen keinen Nachholtermin.

Verdi-Forderung würde die Stadt 7 Millionen Euro kosten

Neben dem Streit um die betriebliche Rente fordert Verdi bei den anstehenden Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine Tarifsteigerung von 6 Prozent sowie eine Erhöhung der Auszubildendenentgelte um 100 Euro monatlich. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll ein Jahr betragen. Nach Berechnung von Kämmerer Uwe Bonan hätten die Verdi-Forderungen für Mülheim Mehraufwendungen von 7 Millionen Euro zur Folge. Eingeplant hat die Stadt eine Erhöhung von 1,5 Prozent, die mit zusätzlichen Kosten von 1,7 Millionen Euro zu Buche schlagen würde.

In der Brust von Bonan schlagen zwei Herzen: „Bei allem Verständnis für die Kollegen und die Forderungen muss ich als Kämmerer die Stadtfinanzen in Gänze im Auge behalten“, sagte er mit Blick auf die Tarifrunde. Die Arbeitgeber bieten eine Entgeltsteigerung von 3 Prozent in zwei Stufen an. Die Beamten der Kommunen sind von den Tarifverhandlungen hingegen nicht betroffen.