Mülheim. . Die Hochschule Ruhr West ist eng verbunden mit heimischen Unternehmen. Davon profitieren Studenten, Wissenschaftler – und die späteren Arbeitgeber.
Wer studiert, möchte eines Tages einen guten Job finden. Und wer gute Jobs hat, ist auf der Suche nach passendem Nachwuchs. Es liegt also nahe, dass sich Unternehmen stark in den Alltag von Hochschulen einbringen, und zwar bestenfalls von Anfang an. Genau so ist es an der Hochschule Ruhr West (HRW). Es gibt vielfältige Kooperationen mit der heimischen Wirtschaft. Und alle Beteiligten – darunter die Forschung – profitieren von der Zusammenarbeit.
Duales Studium ist ein bekanntes Schlagwort; an der Hochschule erworbene Kenntnisse und praktische Tätigkeiten werden verzahnt. Die Studenten verbringen bereits viel Zeit im Unternehmen, lernen die Praxis von der Pike auf kennen, absolvieren dort zum Teil zusätzlich eine Lehre. Auch die HRW bietet das Nebeneinander von Lehre und Praxis an, sagt Pressesprecherin Heike Lücking, und zwar für 14 der 17 Bachelor-Studiengänge. 150 Studenten beteiligten sich aktuell am dualen Studium, man arbeite mit 36 Partnern zusammen. „Größere Akteure sind Siemens oder die TÜV Nord Gruppe und ab Wintersemester 16/17 auch die Thyssengas GmbH. Kleinere die Medl GmbH oder die Schauenburg Maschinen- und Anlagenbau GmbH.“
Kontakte zum begehrten Nachwuchs erhalten Unternehmer auch über den Einsatz von Werkstudenten oder darüber, dass sie den jungen Männern und Frauen die Möglichkeit geben, ein Praxissemester in ihrem Haus abzuleisten oder die Bachelor- bzw. Masterarbeit dort zu schreiben. Einmal jährlich stellen sich zudem 40 bis 50 Unternehmen aus der Region bei einer Firmenkontaktmesse vor. Im Herbst 2016 wird diese erstmals im Hörsaalzentrum auf dem neuen Broicher Campus stattfinden.
Aufenthalt in Australien finanziert
Sind Unternehmen auf begabte Studenten aufmerksam geworden, kommen diese zum Teil in den Genuss besondererer Möglichkeiten: Heinz Lison, Vorsitzender des HRW-Fördervereins, erzählt etwa von zwei Studenten, die 2015 auf Kosten des Zentrifugenherstellers Siebtechnik ein halbes Jahr in dessen Werk in Australien verbringen durften. „Das war beachtlich“, sagt Lison, „ein echtes Highlight.“
Im Einzelfall unterstützen Firmen die Studenten auch mit Finanzspritzen, zum Beispiel durch Stipendien, die sich zumeist auf 300 Euro monatlich belaufen und zum Teil vom Land mitgetragen werden. Bis zu 25 solcher Stipendien vermittelt der Förderverein jährlich, berichtet Heinz Lison. Geld kommt etwa von der Schauenburg-Stiftung, so Thomas Müller, Projektleiter beim Wirtschaftsförderer Mülheim & Business, und manches Mal verlängere die Stiftung die eigentlich auf ein Jahr begrenzten Zuwendungen auch gern.
So im Fall eines Studenten, den man unbedingt hatte halten wollte: „Es passte auf der persönlichen und der fachlichen Ebene“, weiß Müller. Und so floss nicht nur über vier Semester Geld, sondern der Student erhielt auch Angebote für das Praxissemester, für die Abschlussarbeit – und letztlich für den festen Job im Maschinen- und Anlagenbau. Ein Idealfall, der zeige, dass es sich lohnt, sich frühzeitig zu kümmern, so Müller.
Die Zusammenarbeit zwischen HRW und Wirtschaft funktioniert auch in anderen Bereichen: beim Bau eines Rennwagens etwa, für den die Studenten eigenständig rund 100 000 Euro bei Unternehmen eingeworben haben. Oder im Fall des „Fab Lab“, eines innovativen Labors, in dem etwa Handwerksunternehmer an hochmodernen Geräten arbeiten können, die sie sich nicht leisten können. Ein solches besteht bislang nur am Standort Bottrop, soll im Herbst jedoch auch vor Ort eröffnet werden.
Auftragsforschung bringt Einnahmen
Rund 450 000 Euro so genannter Drittmittel sind 2015 aus der Wirtschaft an die Hochschule geflossen. Unter dem Stichwort Auftragsforschung lassen sich Unternehmer von den Wissenschaftlern gern mal bei der Lösung von Problemen helfen. Beispiele mag Lücking nicht nennen, aus Sorge vor Mitbewerbern. Nicht jeder Unternehmer traue sich übrigens, sich direkt an die Hochschule zu wenden, sagt Müller. Noch immer gebe es die „Angst vor dem Elfenbeinturm“, also davor, dass die hohe Wissenschaft sich nicht mit manch niederer Frage beschäftigen mag. Mülheim & Business helfe deshalb manchmal auf die Sprünge. Bestehe dann erst der Kontakt, offenbare sich die Stärke der HRW: „ Sie ist ein kleines Schnellboot“, lobt Müller, der Personenkreis überschaubar, der Draht direkt und effizient.
Förderverein gibt 50 000 Euro für Campus-Fest
113 Unternehmen aus der Region haben sich im Förderverein der Hochschule zusammengetan. Seit Gründung im Jahr 2008 ist über den Verein bereits rund eine halbe Million Euro an die HRW geflossen.
Neben vielen Stipendien hat das Team unter anderem Stiftungsprofessuren akquiriert, also Unternehmen aufgetan, die bereit sind, Lehrstühle zu finanzieren. Drei solcher Stiftungsprofessuren gibt es bis dato, die Unternehmen haben rund anderthalb Million Euro investiert. Eine vierte soll im Wintersemester 2016/17 hinzukommen. Laut Heinz Lison finanziert die Tengelmann-Familie Haub eine Professur im Bereich E-Commerce. „Der Studiengang wird eingerichtet.“ Und noch eine gute Nachricht verkündete Lison: Der Förderverein hat bei Unternehmen 50 000 Euro eingeworben – „für die Eröffnungsfeier des Hochschul-Campus am 11. Juni“.
Lison ist zufrieden damit, wie die Hochschule angelaufen ist – doch im nun bevorstehenden Alltag, so sagt er, müsse man sich erst einmal beweisen. Er hoffe darauf, dass die HRW ein Qualitätsmerkmal findet, dass sie in der Hochschullandschaft einzigartig macht. „Und dass man sich Zeit nimmt, um die Studenten aufs Leben vorzubereiten, vor allem auch aufs Unternehmertum.“