Mülheim. Das Ensemble des Theaters an der Ruhr macht die Charaktere aus dem Sozialdrama von Tennessee Williams „Die Glasmenagerie“ in dem von Simone Thoma inszenierten „Spiel der Erinnerungen“gegenwärtig.

Kleines Bühnenbild. Große Bühnenpräsenz. Damit zogen Simone Thoma, Gabriella Weber, Albrecht Hirche und Klaus Herzog ihre Premierenzuschauer im Theater an der Ruhr in die Handlung von Tennessee Williams Sozialdrama „Die Glasmenagerie“ hinein und ließen sie bis zur letzten Sekunde des von Schauspielerin und Regisseurin Simone Thoma inszenierten „Spiels der Erinnerungen“ nicht mehr los.

Zum Beispiel Albrecht Hirche als Tom Wingfield, der mit seiner Gitarre und seinem Hippie-Look den Typ des Aussteigers verkörpert und seinen Ausbruch aus der Familie und seiner unbefriedigenden Existenz als Schuhverkäufer und manischer Konogänger wortreich begründet und dennoch zwischen den Zeilen der Abrechnung so etwas wie Trauer und Wehmut erkennen lässt.

Wortlose Präsenz

Zum Beispiel Simone Thoma, die als gleichermaßen verzweifelte wie ehrgeizige und dominante Mutter Amanda Wingfield die vom Vater und Ehemann verlassene Familie in eine bürgerliche Existenz zu hiefen versucht. Doch weil die starke und zugleich schwache Mutter ihre Wünsche auf ihre Kinder projiziert und sie damit überfordert, verliert sie nach ihrem Mann auch ihren Sohn.

Gabriella Weber hat als verkrüppelte und scheinbar in ihrer Traumwelt gefangene und behinderte Tochter und Schwester Laura die vielleicht komplexeste und eigenwilligste Rolle zu meistern. Sie hat diese schauspielerische Prüfung bestanden. Ihre wortlose Präsenz in den Szenen, in denen sich Mutter und Sohn über ihren Kopf hinweg Gedanken um ihre Zukunft machen, überzeugt ebenso, wie der verzweifelte und am Ende doch erfolglose Versuch, ihren Bruder zu einer dauerhaften Aussöhnung mit der beherrschenden Mutter zu überreden.

Ein Teil des Spiels

Und wie seinen Ensemblekollegen gelingt es auch Klaus Herzog mit seiner Darstellung den Charakter des halbseidenen Beinahe-Schwiegersohns Jim O’Connor gegenwärtig zu machen. O’Connor spielt mit Laura wie mit einer Puppe, ohne sie als einen besonderen Menschen jenseits der Realität zu begreifen.

Nach zwei spannungsreichen Theaterstunden verlässt der Zuschauer das Bühnenhaus am Raffelberg mit der Erkenntnis, dass auch er, wie die 1944 von Tennessee Williams geschaffenen Charaktere, ein Teil des Spiels ist, in dem sich täglich Wunsch und Wirklichkeit begegnen und sein Leben prägen.