Mülheim. . Hans Liberg zeigt in seinem Programm „Attacca“, wer in der Musikgeschichte von wem geklaut hat. Samstag tritt der Musikkabarettist in der Stadthalle auf.

Der vielmals ausgezeichnete Musikkabarettist Hans Liberg ist am Samstag in der Kultur-Gut-Reihe mit seinem neuen Programm um 20 Uhr in der Stadthalle zu erleben. Der gebürtige Amsterdamer, der seit 33 Jahren durch seine Pointen seine Liebe zur Musik verdeutlicht, startet zu einem Parforceritt durch Klassik und Pop. Dabei gibt es unter anderem ein virtuoses Solo auf einem Alphorn zu erleben. „Man muss das Instrument schon beherrschen“, sagt Liberg zu den Erfolgsbedingungen des Abends. Ansonsten spürt der 61-jährige Multiinstrumentalist dem Plagiat in der Musikgeschichte nach. Die Klassiker Mozart und Beethoven haben sich ebenso bei anderen bedient wie heute Madonna oder Pharell Williams. Liberg, der als Kind seine Doppelbegabung als Spaßmacher und Musiker entdeckte, gilt als Nachfolger des legendären Victor Borge. Sein Idol traf er einst in einem Fahrstuhl in Brüssel – bei schrecklicher Musik.

Gerade habe ich Youtube gesehen. Kasparov und Bach haben dasselbe Problem. Soll ich mit schwarz oder weiß weitermachen? Herrlich.

Hans Liberg: Oh, dass ist aber ein alter Gag. Aber es freut mich, dass es Ihnen gefällt. Danke.

Attacca heißt Ihr neues Programm. Was ist hier Ihr Thema?

Liberg: Es gibt kein Thema. Alles ist intuitiv miteinander verbunden. Attacca bedeutet eigentlich „verbinden“, die Stücke gehen ohne Pause ineinander über. Man assoziiert damit auch etwas Aggressives. Das gefällt mir.

Ist klassische Musik zu ernst?

Liberg: Manchmal ist der Musikbetrieb schon unglaublich spießig. Musik ist an sich nicht lustig, sie ist ernsthaft, schön und kann tröstend sein. Humor entsteht erst, wenn ich etwas in einen anderen Kontext stelle. Zwei Dinge, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Das ist mein Arbeitsprinzip. Die Fußballweltmeisterschaft in Russland 2018 zum Beispiel. Interessanterweise hat Putin, der ja kein Freund von Homosexuellen ist, das Klavierkonzert von Tschaikowsky als Erkennungsmelodie ausgewählt. Wahrscheinlich hat er gar nicht gewusst, dass Tschaikowsky schwul war und einige Melodien ursprünglich aus der Ukraine stammten. Wegen seiner Homosexualität hat sich Tschaikowsky sogar umgebracht, weil ihn der Zar nach Sibirien verbannen wollte.

Oh, das ist bitter. Das erste Klavierkonzert war früher in den 80ern auch die Erkennungsmelodie von Dieter Hildebrands „Notizen aus der Provinz“.

Liberg: Ach, das habe ich nicht gewusst. Aber die Homosexualität hört man der Musik Tschaikowskys natürlich nicht an.

Sie spielen in dem Programm auch Jazz und greifen dafür zu Gitarre und Banjo.

Liberg: Jazz hat mich schon als junger Mann begeistert. Jazz hat hier eine lange Geschichte. Ohne uns Holländer würde es gar keinen Jazz geben. Wir haben alle Musiker transportiert. Wir sind Experten für Logistik. Ich spiele etwas Mainstream, Easy-Listening-Jazz. Der Zug spielt eine wichtige Rolle, Honeysuckle Rose ist so ein Stück, das für seine Mehrdeutigkeit bekannt ist, und der Name des Komponisten Jelly Roll Morton ist eine Anspielung.

Muss man eigentlich mit klassischer Musik vertraut sein, um den Abend genießen zu können?

Liberg: Wer die Stücke kennt, hat natürlich einen tollen Abend. Aber es funktioniert auch ohne die Kenntnis des Stücks. Junge Leute spüren die Energie. In Deutschland sind viele Melodien dem Publikum aber noch sehr vertraut. Nicht immer im Original. Kürzlich habe ich die 5. Sinfonie von Bruckner gehört und blieb bei einer Melodie hängen, die ich von den Whites Stripes aus dem Fußballstadion kenne. Auch für die Melodie der Champions-League wird immer der britische Komponist Tony Britten angegeben, der vor allem Soundtracks für Kinofilme und TV-Serien schreibt. Tatsächlich stammen die wesentlichen Elemente aber von Georg Friedrich Händel.

Zur Inthronisation von Georg II. 1727 schrieb er die Krönungshymnen. „Zadok the Priest“ wurde seine bekannteste Hymne. Und Phil Collins greift bei einem Stück auch auf eine Melodie von Clementi zurück. Ich höre es einfach. Vieles ist sehr ähnlich. Originalität gibt es einfach nicht. Ich frage mich immer wieder, wo hat das jemand geklaut.

Karten für Attacca von Hans Liberg sind noch zu Preisen von 34 bis 43 Euro erhältlich.