Mülheim. . Seit zehn Jahren ehrt die Mülheimer Bürgerstiftung engagierte, kluge, mutige junge Menschen und vergibt jährlich vier mit 3000 Euro dotierte Preise.

Zehn Jahre gibt es die Mülheimer Bürgerstiftung; seit zehn Jahren zeichnet sie engagierte, kluge, mutige junge Menschen aus. In vier Kategorien verlieh sie am späten Dienstagabend wieder Preise für herausragende Leistungen, die jeweils mit 3000 Euro dotiert sind. Insgesamt 114.000 Euro vergab die Stiftung laut Hermann Blümer, der die Verleihung bisher organisierte, an den lokalen Nachwuchs. Für die Stiftungsmitglieder ist es eine Investition in die Zukunft. „Ich glaube an die Jugend“, betonte Blümer. Die vorangegangenen anderthalb Stunden können als Begründung dafür herangezogen werden.

Im Haus der Wirtschaft stellten die Laudatoren Jugendliche vor, die sich unterschiedlich in die Stadtgesellschaft einbringen. Zivilcourage, Naturwissenschaften, Soziales Engagement und Geisteswissenschaften lauten die Kategorien, doch die Grenzen zwischen ihnen sind fließend: Wer gut in Naturwissenschaften ist, mag zugleich im Jugendstadtrat sitzen. Andere Jugendliche zeigen im Unterricht „herausragende sprachliche Leistungen“ und bringen sich abseits davon als Schulsanitäter ein.

Eine besondere „Anerkennungskultur“

„Um die Potenziale der Gesellschaft zu entfalten, braucht es eine aktive Bürgerschaft“, sagte Bürgermeisterin Margarete Wietelmann und meint damit Auszeichner wie Ausgezeichnete. Eine besondere „Anerkennungskultur“ ist das Engagement der Bürgerstiftung für sie. Eben das ist das Ziel der Stiftung: die Leistungen der Jugendlichen zu würdigen. Zudem sieht Heinz Lison, Mitglied im Stiftungsrat, im Preis einen Beitrag für die „Bildung, Aus- und Weiterbildung“. Lison macht in Mülheim „eine merkliche Sensibilisierung für dieses Thema“ aus und schreibt dies auch der Ansiedlung der Hochschule Ruhr West zu.

Neuer Vorsitzender

Im zehnten Jahr ihres Bestehens gab es im Vorstand der Bürgerstiftung einige personelle Veränderungen. Langjährig Aktive wollen Jüngeren Platz machen. Erst Montag wurde gewählt, am Dienstag hatte er gleich die erste offizielle Aufgabe: Patrick E. Marx (Foto oben, ganz links) ist neuer Vorsitzender. Er folgt auf Frank Lenz, der sechs Jahre dieses Amt innehatte und neuer Vorsitzender des Stiftungsrates ist.

Diese Funktion wiederum gibt Gabriela Grillo ab. Ebenfalls kürzer treten möchten Ilselore Paschmann und Hermann Blümer.

Das Engagement der Jugendlichen spiegelt aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider: Alle drei Nominierten im Bereich Zivilcourage setzen sich etwa für Flüchtlinge ein. Laudatorin Gabriela Grillo, die neue Ehrenvorsitzende der Bürgerstiftung ist, berichtete in ihrer Rede von Anfeindungen, Hass-Mails, von zerbrochenen Freundschaften, die dieser Einsatz mit sich brachte. Zivilcourage sei eben „hoch geschätzt, viel beschworen – und doch nicht leicht zu leben“. Auch im Bereich Soziales Engagement wurde ein Projekt mit Flüchtlingen ausgezeichnet; die beiden Kategorien verschwammen an diesem Abend.

23 Jugendliche waren eingeladen, wurden mit ihren Leistungen vorgestellt und erhielten eine Urkunde. Auszeichnet wurden letztlich – am Weltfrauentag – übrigens fünf Schülerinnen.

Zivilcourage

Die 15-jährige Delwin Seydo kennt das Gefühl, sich in neuer Umgebung zurechtfinden zu müssen. 2013 floh sie mit ihrer Familie aus Syrien – nun setzt sie sich selbst für Flüchtlinge ein, übersetzt in Internationalen Förderklassen. „Sie hat Zuwendung und Ausgrenzung erlebt“, sagte Gabriela Grillo von der Bürgerstiftung, doch habe sie sich den Respekt vor anderen bewahrt. An der Gesamtschule Saarn ist sie zudem als Schulsanitäterin aktiv. Später möchte sie Ärztin werden.

Naturwissenschaften

Ihr Lehrer hat es in der Bewerbung betont und auch Laudator Heinz Lison erwähnt es: Lucy Schmidt ist keine Streberin. Aber sie hat eine große Begabung: die Mathematik. Bei Matheolympiaden erreichte sie die Bundesebene. Zudem ergatterte sie einen von fünf Freiplätzen an der Uni Heidelberg und beschäftigte sich dort mit Programmieren. Lucy Schmidt nennt sich selbst einen „Formelfreak“. An Mathematik faszinieren sie „die Verknüpfungen, die erst am Ende deutlich werden“.

Soziales Engagement

Jennifer Denkhaus und Fabienne Zimmermann sind seit Jahren im CVJM aktiv, inzwischen leiten sie dort eine Jugendgruppe namens „Seeker“ (Suchende). Diese öffneten sie für junge Flüchtlinge, planen mit ihnen Aktionen und Ausflüge. Das Konzept entwickelten die 19-jährige Fabienne und die 18-jährige Jennifer gemeinsam, gewannen Siemens als Kooperationspartner, der den Anfang begleitete. Frank Esser vom MWB, der den Preis überreichte, lobte in seiner Laudatio, dass dies kein Projekt für, sondern mit Flüchtlingen sei, das eine Begegnung auf Augenhöhe ermögliche. Ein Billardturnier planten die beiden etwa und einen Ausflug zum Eislauf. „Das war ein unheimlich schönes Erlebnis.“

Geisteswissenschaften

Lina Ashour war in der vierten Klasse, als sie ein Kinderbuch verfasste. „Es handelte davon, sich so zu akzeptieren, wie man ist.“ Nun steht die 18-Jährige vor dem Abitur an der Luisenschule und plante als „besondere Lernleistung“ eine Ausstellung mit dem Titel „Augen auf“. Auch Lina Ashour gestaltete dafür eine Installation. Bernd Böddeling von RWE Deutschland betonte, die Jury habe ihre „ernsthafte Darstellung der Verbindung von Kunst und Philosophie“ beeindruckt.