Mülheim. .

Das Flüchtlingselend an der griechischen Grenze, der Wiener Balkan-Gipfel, die Festsetzung von Obergrenzen in einzelnen Ländern – Europa handelt seit längerer Zeit nicht gemeinsam. Ob die Europäische Union diesen Belastungen gewachsen ist, kann immer schwieriger beantwortet werden. Die wachsende Uneinigkeit unter den Mitgliedsländern sehen auch Vertreter der Mülheimer Wirtschaft mit wachsender Sorge.

„Geschlossene Grenzen oder gar ein Auseinanderbrechen der Union wären eine Katastrophe für die Wirtschaft“, warnt Hanns-Peter Windfeder, Vorsitzender des Mülheimer Unternehmerverbandes. Das würde zu einer dramatischen Kostenerhöhung führen. Er erinnert an die hohe Exportabhängigkeit der hiesigen Wirtschaft. Die Europäischen Nachbarländer sind die Absatzgebiete für die deutschen Erzeugnisse.

„Aber mit Sachargumenten kommt man in der emotional geführten Diskussion kaum noch durch“, beklagt Windfeder. Er bedauert, dass Kanzlerin Angela Merkel international isoliert und auch die deutsch-französische Freundschaft nicht mehr so stark sei. Mit den höchsten Steuereinnahmen und dem höchsten Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter sei Deutschland der größte Nutznießer des Binnenmarktes, der erhalten bleiben müsse.

Unternehmerverband sensibilisiert seine Mitglieder

Eine ganz andere Herausforderung für die Wirtschaft sei die Digitalisierung der Arbeitsprozesse. Dieser Strukturwandel, der unter dem Schlagwort Industrie oder Mittelstand 4.0 steht, sei mit all seinen Chancen und Risiken noch gar nicht bei allen Unternehmen angekommen. Viele wissen nicht, was auf sie zukommt. Windfeder rechnet damit, dass sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganze Geschäftsmodelle und die Unternehmenskultur ändern werden. Auch die Anforderungen der Kunden würden durch die digitalen Möglichkeiten steigen. Die Informationskanäle und Werbemöglichkeiten seien durch die sozialen Netzwerke völlig neue.

Der Unternehmerverband sensibilisiert seine Mitglieder für dieses Thema und lädt zu Infoveranstaltungen ein. Es sei davon auszugehen, dass derzeit bundesweit ein Drittel aller Unternehmen über eine digitale Strategie verfüge. Jeder Unternehmer müsse aber seine Abläufe durchleuchten und sich fragen, welche Auswirkungen möglich sind. Dass dieser Prozess zunächst negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird, sei klar. Die Digitalisierung bewirke eine deutliche Effizienzsteigerung, biete aber auch Chancen für neue Geschäftsmodelle.