Mülheim. . Roberto Ciullis Inszenierung von Else Lasker-Schülers „Die Wupper“ feierte in Düsseldorf Premiere. Am 25. Februar wird es erstmals in Mülheim gezeigt.

Roberto Ciulli hat sie gezählt: 19 Zuschauer haben die Premiere seiner Inszenierung von Else Lasker-Schülers „Die Wupper“ am Düsseldorfer Schauspielhaus verlassen. „Bei 400 Zuschauern ist das nichts, nicht einmal erwähnenswert“, sagt er. Der Schlussapplaus war wohlwollend, lebhaft. Und doch spürte der 81-Jährige, dass sich das Publikum schwer tat. Die Kritik fiel gemischt aus, doch vor allem die Klage der Überforderung irritiert den Chef des Theaters an der Ruhr und verleitet ihn zum Spott. Er möchte nicht unterhalten, lieber überhalten. „Wo, wenn nicht im Theater, ist der Ort für eine anspruchsvolle Auseinandersetzung.“

Um eine Brücke zum Verständnis zu bauen, hat er dem eigentlichen Stück einen Prolog vorangestellt, der schon während des Einlasses beginnt. Ciulli sitzt sonnenbebrillt im Wintermantel auf der Bühne, zu seinen Füßen zwei Mädchen, die mit Knöpfen spielen und den Anstoß zu biografischen Anmerkungen der 1869 in Wuppertal geborenen Lyrikerin bieten. Die sind ihm wichtig, damit die Zuschauer eine Ahnung haben von Prinz Jussuf von Theben, der zum Schluss am blauen Klavier Platz nehmen wird, und dem Veitstanz, unter dem die Autorin schon als Kind litt.

Doch das Düsseldorfer Publikum schenkte diesem Prolog, der auf dem Buch „Mein Herz – Niemandem. Das Leben der Else Lasker-Schüler“ von Kerstin Decker basiert, keine Beachtung. Einige zischten vernehmbar. „Früher war das Theater wie eine Kirche, nicht wie ein Kaufhaus“, ärgert sich Ciulli. Wenn „Die Wupper“ am Raffelberg am 25. Februar Premiere hat, können die Zuschauer schon ab 19 Uhr in den Theatersaal, um sich biografisch einzustimmen.

Fremd im eigenen Land sein

Ciulli spielt ELS, das sind nicht nur die Initialen der Autorin, sondern es ist auch die gedachte männliche Form ihres Vornamens. In ihrem letzten in Jerusalem verbrachten Lebensjahr blickt sie, so die Idee der Inszenierung, auf ihr Leben und das 1909 geschriebene Stück zurück. Die Erfahrung als Künstler „fremd im eigenen Land zu sein“ teilt Ciulli mit Lasker-Schüler, aber auch mit Pina Bausch, die für ihn seit den Siebzigerjahren eine wichtige Inspirationsquelle bietet.

Auch Bausch stieß mit ihren Choreographien zunächst auf Ablehnung. Ciulli hat es miterlebt. Lasker-Schüler litt unter der Missgunst des Publikums in Wuppertal, während sie schon weltweit Anerkennung genoss. Ciulli zollt Bausch Tribut mit einer Choreografie in Anlehnung an „Café Müller“, er läuft über die Bühne, die Schauspieler stoßen die Stühle zur Seite, gekonnt lässt er sich zuvor fallen. „Mit dem Fallen habe ich Erfahrung“, sagt er und lacht. So ist der Abend eine Hommage auf zwei große Frauen.