Mülheim. . Eine hauchdünne Mehrheit gab es für den städtischen Haushalt 2016 am Donnerstagabend. Der Schuldenstand erreicht mit 1,6 Milliarden neue Rekordhöhe.
Den Bürgern bleiben weitere Kürzungen im Sport-, Schul- und Kulturbereich erspart. Dringend notwendige Sanierung und Neubauten können in nächster Zeit in Angriff genommen werden. Mit der hauchdünnen Mehrheit von nur zwei Stimmen nahm der Stadtrat gestern Abend den Etat 2016 des Kämmerers an. Im letzten Moment konnte damit ein möglicher Sparkommissar aus Düsseldorf verhindert werden. Alle freiwilligen Ausgaben hätten bei einer Ablehnung des Etats auf Eis gelegen.
Im Haushalt für das laufende Jahr stehen den 680,4 Millionen Einnahmen 747,6 Millionen Ausgaben gegenüber, das bedeutet ein neues Defizit von 67,2 Millionen. Damit steigt die Verschuldung der Stadt insgesamt auf nunmehr 1,6 Milliarden. Allein rund 40 Millionen Euro muss die Stadt jährlich an Zinsen zahlen.
Die CDU, die in den vergangenen Jahren stets gemeinsam mit der SPD den Haushalt getragen hatte, stimmte diesmal mit Nein. Sie hält die erneute Erhöhung der Gewerbesteuer für falsch, sieht Arbeitsplätze dadurch gefährdet. „Dafür tragen wir Verantwortung“, so Fraktionschef Wolfgang Michels. Aus Sicht der CDU lässt der Haushalt keinen echten Sparwillen erkennen, basiert auf weitere Belastungen für Unternehmen und Bürger.
Eckpunktepapier
Diesmal standen die Grünen an der Seite der SPD. Gemeinsam haben die beiden Parteien kurz vor Toresschluss sich auf ein Eckpunktepapier einigen können, das unter anderem eine Dynamisierung der Zuschüsse an Vereine und Verbände sichert wie den Erhalt des Frauenhauses, aber auch finanzielle Verbesserungen der Hilfen für psychisch Kranke und Suchtkranke beinhaltet. Die Klimaschutzinitiative soll für die nächsten Jahre gesichert, in Heißen ein neues Bad gebaut werden. Und: Beide Parteien wollen die guten Standards in der Flüchtlingsbetreuung halten. Ein Nein zum Haushalt, so Tim Giesbert (Grüne), wäre eine Bankrotterklärung des Stadtrates gewesen.
Alle Ratsvertreter kritisierten in ihren Reden, dass EU, Bund und Land den Städten immer neue Lasten und Aufgaben aufbürden, dass es keine Hilfe im Stärkungspakt des Landes gibt. Auch bei der jüngsten Herausforderung, die Bewältigung der Flüchtlingsströme, fühlt sich die Stadt nicht ausreichend unterstützt. Gerne erinnert mancher Politiker in dem Zusammenhang daran, dass das arme Mülheim bisher 180 Millionen Euro über Kredite aufnehmen musste, um den Solidarpakt Ost zu finanzieren. Doch die Kritik am eigenen Haus nimmt inzwischen ebenfalls zu: Reihenweise zählen Politiker wie der fraktionslose Jochen Hartmann, Lothar Reinhard von dem MBI, Martin Fritz (Alfa) oder auch Peter Beitz (FDP) hausgemachte Schwächen auf. Michels fragt offensiv: „Wieso erreichen andere Städte mit weniger Geld mehr. Setzen sie ihr Geld effektiver ein?“
Alle wollen eines: Sanierung des ÖPNV, der jährlich rund 30 Millionen Euro Miese macht.
Die Abstimung
26 Ratsmitglieder (SPD 18, Pirat 1, OB und Grüne 6) votierten für den Haushalt, dagegen CDU (13) MBI (4), FDP (3), Alfa (2) und Fraktionslose (2), eine Enthaltung.