Mülheim. . Die Stadt Mülheim räumt für Flüchtlingsunterkünfte an Kirmesplatz, in Holzstraße und im Haus Jugendgroschen Mehrkosten in Höhe von gut 4,7 Millionen Euro ein.
Die Kosten für die Flüchtlingsunterkünfte auf dem Kirmesplatz, an der Holzstraße sowie im Haus Jugendgroschen haben sich erheblich erhöht. Die Stadt räumt Mehrkosten in Höhe von gut 4,7 Millionen Euro ein im Vergleich zu ihrer ursprünglichen, unter Zeitdruck entstandenen Kalkulation. Dafür musste sich Frank Buchwald als Leiter des Immobilienservices nun im Finanzausschuss herbe Kritik seiner CDU-Parteikollegen anhören.
Die Liste der zusätzlichen Belastungen an den drei Standorten der Flüchtlingsunterbringung ist lang. Zunächst nicht vorhergesehene Brandschutzerfordernisse schlagen da etwa ebenso zu Buche wie erhöhte Erschließungskosten. An der Holzstraße stellte sich heraus, dass allein für die Entwässerung und Wasserversorgung, weil aufwendiger als gedacht, zusätzlich 630.000 Euro in die Hand zu nehmen waren. Eine eigene Feuerwehrzufahrt musste auch noch her. Kostenpunkt: 270.000 Euro. Allein der Standort Holzstraße kommt die Stadt 1,8 Millionen Euro teurer als die im Herbst kalkulierten 3,2 Millionen Euro. Das entspricht einer Kostenexplosion von satten 56 Prozent.
Flüchtlingsdorf fast 50 Prozent teurer als gedacht
Das Flüchtlingsdorf an der Mintarder Straße wird um knapp 2,8 Millionen Euro teurer, ursprünglich dachte die Stadt, mit 5,9 Millionen Euro auszukommen (Kostensteigerung: 47 Prozent). Insbesondere zu Buche schlagen ein zusätzliches Sanitärhaus (460.000 Euro) und die Beauftragung der Medl (zusätzlich 750.000 Euro).
„Für mich ist das nicht vertretbar“, übte im Finanzausschuss CDU-Ratsherr Frank Wagner harsche Kritik. „Als privater Hausbauer“, sagte er in Richtung Buchwald, „könnte ich wahrscheinlich Insolvenz anmelden.“ Er frage sich, ob der Immobilienservice seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht habe. Buchwald wies die Kritik entschieden zurück. Er machte anhand konkreter Daten deutlich, unter welchem Zeitdruck, Marktgegebenheiten (Kostenexplosion und Verfügbarkeitsproblem bei der Beschaffung) und lückenhaftem Wissensstand die erste Kalkulation zustande gekommen sei. Die Kostenschätzung für das Flüchtlingsdorf in Saarn etwa habe er seinerzeit, wegen der sich „dramatisch zuspitzenden Flüchtlingssituation“, an einem einzigen Freitagnachmittag aufstellen müssen, „innerhalb weniger Stunden“. Buchwald verwies darauf, dass die Kosten an anderen Orten der Flüchtlingsunterbringung nicht überschritten worden seien.
Immobilien-Chef verteidigt „Mülheimer Weg“
Peter Beitz (FDP) warf derweil die Frage auf, ob eine Unterbringung in kleineren Einheiten möglicherweise doch günstiger für die Stadt wäre. Buchwald ist da skeptisch: Eine Rund-um-die-Uhr Betreuung sei in Unterkünften mit weniger als 150 Bewohnern zu teuer.
Buchwald verteidigte den Weg, den Mülheim in der Unterbringung gegangen ist. Mit der Entwicklung der Holzhäuser (mit der Mülheimer Firma Siepmann) sei man in eine Marktlücke gegangen, als anderswo schon die Preise und Lieferzeiten für Container explodierten. Vergleiche man Mülheimer Investitionskosten für die Flüchtlingsunterbringung mit denen anderer Städte, liege man trotz der erheblichen Kostensteigerungen noch immer günstig – etwa mit den 14.450 Euro pro untergebrachter Person im Saarner Flüchtlingsdorf. Andernorts, so Buchwald mit Blick auf Duisburg, Essen oder Köln, lägen die Investitionskosten laut Ratsunterlagen bei 28- bis gar 40.000 Euro pro Person.
Die CDU brach einen weiteren Streit vom Zaun. Sie kritisierte den Kämmerer dafür, dass er die Mehrkosten mit Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer decken will. Die CDU hatte beantragt, keine Deckung auszuweisen, um dem Land zu signalisieren, dass Mülheim mit der Finanzierung überfordert sei. FDP und Alfa-Gruppe unterstützten dieses Ansinnen, die Mehrheit gab aber Bonan Recht: Einen solchen Verstoß gegen die Haushaltsvorschriften werde er nicht mitmachen. Druck auf Bund und Land in der Frage der Kostenerstattung sei anderweitig auszuüben.