Mülheim. . Zwei Flüchtlinge haben der Kanzlerin geschrieben, um ihr Entsetzen über die Geschehnisse in Köln auszudrücken. Einem droht nun Gefahr von rechts.

Was sich an Silvester am Kölner Hauptbahnhof zugetragen hat, war schockierend. Und zwar längst nicht nur für Deutsche. Auch und gerade Flüchtlinge sind entsetzt – zwei Studenten aus Syrien (Mitte 20), die in Mülheim untergekommen sind, haben deshalb gemeinsam mit zwei Flüchtlingen aus Duisburg ihren Schrecken in Worte gefasst und einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel geschickt. Einer von ihnen soll daraufhin rassistisch bedroht worden sein.

„Meine Frau ist gerade mit ihm zur Polizei gefahren“, berichtete Wolf-Dieter Just vom Flüchtlingsrat Duisburg am Montagnachmittag, kurz nachdem dem Syrer via Handy körperliche Gewalt angedroht worden sein soll. Seine Telefonnummer, die unter dem Schreiben an Merkel notiert war, um Journalisten zu ermöglichen, mit ihm zu sprechen, „ist wohl durchgesickert und in rechtsradikale Hände geraten“, so Just.

In stetem Kontakt mit den Syrern

Der 74-jährige Duisburger, einst Mitbegründer der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, stand – genau wie seine Frau Ingrid Just vom Mülheimer Flüchtlingsrat – in den vergangenen Monaten in stetem Kontakt mit den Syrern. Er weiß, wie sie ticken, und fand so nach den sexuellen Übergriffen zum Jahreswechsel auch die richtigen deutschen Worte für ihr Anliegen.

So heißt es in dem Brief, „hinter dem sie voll stehen“, unter anderem: „Wir sind Flüchtlinge in Deutschland, geflohen vor Krieg und Terror, vor Bomben, politischer Verfolgung und sexuellen Übergriffen (zum Beispiel des IS). Viele von uns haben gefährliche Fluchtwege hinter sich. Wir sind froh, endlich in Deutschland Schutz gefunden zu haben und sind dafür dem deutschen Volk und seiner Regierung sehr, sehr dankbar. (. . .) Wir verabscheuen die sexuellen Übergriffe und Diebstahldelikte mutmaßlich durch Migranten und Flüchtlinge und verurteilen sie auf das Schärfste. Auch für uns ist die Würde des Menschen unantastbar, ob Mann oder Frau. Auch für uns gilt ein strenges Diebstahlverbot. Auch für uns ist es selbstverständlich, die Gesetze des Aufnahmelandes zu achten. Viele von uns sind gläubige Muslime und Christen und teilen die Werte unserer Glaubensbrüder und -schwestern in diesem Land. (. . .) Wir verpflichten uns im Rahmen unserer Möglichkeiten mitzuhelfen, dass sich Verbrechen wie die in Köln nicht wiederholen und die Gastfreundschaft der Deutschen missbraucht wird.“

Das Schreiben, das mittlerweile schon von vielen weiteren Flüchtlingen unterzeichnet wurde, ist am Samstag per Einschreiben Richtung Berlin geschickt worden. Bislang hat die Bundeskanzlerin nicht geantwortet.