Mülheim. Hoher Krankenstand und steigender Arbeitsaufwand, der auch durch die Flüchtlingsversorgung bedingt ist, schränken Leistungen ein. Wartezeiten und abgespeckter Service drohen.

Die Überstundenkonten der städtischen Mitarbeiter sind derzeit prall gefüllt. Denn die Stadtverwaltung leidet aufgrund des hohen Krankenstandes und des steigenden Arbeitsaufwandes unter akutem Personalmangel. „Wir sind an den Grenzen der Belastbarkeit“, klagt Personalrat Dirk Neubner. Nun mussten bereits die Öffnungszeiten des Standesamtes eingeschränkt werden. Zur Eheschließung können sich Paare erst wieder ab 7. Januar anmelden. Auch andere, sogenannte freiwillige Leistungen, können derzeit nicht erfüllt werden. Für den Bürger bedeutet das: lange Wartezeiten und ein abgespeckter Service.

„Im Standesamt gibt es längerfristige Krankheitsfälle“, erklärt Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort die Situation. Insgesamt gebe es dort acht Stellen für Standesbeamte, von denen in der vergangenen Woche nur noch rund die Hälfte besetzt war. Nun helfen dort Kollegen aus anderen Bereichen aus – wodurch sich aber wiederum Lücken an anderer Stelle auftun.

Zahl der städtischen Beschäftigten gewachsen

„Der Druck ist insbesondere in Anlaufstellen mit Bürgerkontakt groß, also im Bürger-, Sozial- oder Ordnungsamt“, weiß Personalrat Dirk Neubner. „Und auch beim Immobilienservice, wo viel geprüft werden muss“, fügt Steinfort hinzu. Abstriche müssen Bürger nicht nur im Standesamt, sondern auch im Servicebereich des Bauamtes hinnehmen: Noch bis 31. Januar stehe kein Personal für die Bauberatung zur Verfügung. Die Zahl der Bauanträge sei im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen, gleichzeitig gibt es personelle Engpässe. Die Mitarbeiter konzentrieren sich daher auf ihre Pflichtaufgaben: die Bearbeitung von Bauanträgen. Beim Ordnungsamt ist die Lage ähnlich angespannt.

Seit Mitte des Jahres können keine Geschwindigkeitsmessungen mehr stattfinden, da es nicht genügend Leute gibt, um die Messgeräte auf- und abzubauen. Neben den wachsenden Anforderungen steige die Zahl der Fälle, die in Zusammenhang mit den Flüchtlingen bearbeitet werden müssen. Im Standesamt sei das ebenso zu spüren: „Möchte etwa ein syrischer Vater sein Kind anmelden, müssen Dokumente geprüft werden“, erklärt Frank Steinfort. „Da muss man mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten. Das ist viel Aufwand und kostet Zeit.“

Dabei ist die Zahl der städtischen Beschäftigten trotz umfangreicher Personalkürzungen in den vergangenen Jahren (538 Stellen seit 2000) gewachsen – auf heute 2686. „Wir haben 17 Prozent ab- und 19 Prozent aufgebaut“, sagt Steinfort. Doch das reiche bei weitem nicht, um den steigenden Anforderungen, insbesondere in der Flüchtlingsversorgung, gerecht zu werden. So fordert der Stadtdirektor für 2016 weitere 61 Stellen. Zudem werde derzeit die Möglichkeit geprüft, bereits pensionierte Bedienstete für die Bewältigung der akuten Lage wieder kurzfristig einzustellen, so Steinfort.