Mülheim. Manfred von Schwartzenberg geht davon aus, dass er der letzte Pfarrer von Sankt Barbara sein wird. 2019 geht er mit 75 Jahren in Pension. Danach, so hofft er, kommt zumindest ein Pastor.

Als die katholische Stadtkirche 2006 zum ersten Mal umstrukturiert werden musste, machten sich ihre Vertreter beim Bistum dafür stark, dass Mülheim drei statt zwei Pfarrgemeinden behalten dürfe. Mit Erfolg. Doch jetzt geht Ehrenstadtdechant Manfred von Schwartzenberg davon aus, dass es schon in wenigen Jahren mit St. Mariä Himmelfahrt und St. Mariae Geburt nur noch zwei Pfarrgemeinden geben wird. „Wenn ich 2019 mit 75 Jahren in den Ruhestand gehe, wird es keinen Pfarrer von St. Barbara mehr geben“, sagt Schwartzenberg. Er leitet die rund 19.000 Katholiken zählende Pfarrgemeinde im Mülheimer Norden seit 1992. In dieser Zeit ist die Zahl der Katholiken um fast 15.000 auf jetzt etwa 51.000 zurückgegangen. Weil mehr Katholiken sterben, als geboren werden und zudem allein im letzten Jahr mehr als 600 ihre Kirche verlassen haben, hat die katholische Kirche ein demografisches und ein finanzielles Problem.

„Das Bistum geht davon aus, dass wir bis 2020 knapp 30 Prozent und bis 2030 etwa 50 Prozent der Mittel einsparen müssen, die uns heute noch zur Verfügung stehen“, erklärt der Dümptener Pfarrer. Wie das in der Praxis funktionieren kann, ist Gegenstand der Pfarrentwicklungsplanung, die in den Pfarrgemeinden der Stadt schon im Gange ist. Ende 2017 müssen die Pfarrgemeinden dem Bistum Essen ihre Vorstellungen vorlegen.

Katholiken produzieren zu wenig Kinder

Schwartzenberg geht davon aus, dass seine Pfarrgemeinde spätestens 2020 zu einem Teil der Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt wird, aus der sie 1887 hervorgegangen ist. Des weiteren prognostiziert er, dass es 2030 aufgrund der demografischen Entwicklung nur noch eine katholische Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt geben wird. Allerdings räumt er ein, dass das derzeit in der Linksruhr- und Kloster-Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt noch anders gesehen wird.

„Die katholischen Familien produzieren heute zu wenige Kinder und noch weniger Priester“, bringt es Schwartzenberg auf den Punkt. Im vergangenen Jahr sei gerade mal ein junger Mann im Bistum zum Priester geweiht worden. Pflichtzölibat und die Verweigerung des Priesteramtes für Frauen sieht er dabei weniger als Gründe, als das fehlende Vorleben und Weitergeben des Glaubens in den Familien.

„Heute gehen nur noch sechs Prozent der Katholiken regelmäßig in die Heilige Messe. In 15 Jahren werden es vielleicht nur noch ein Prozent der Katholiken sein. Und für eine so geringe Zahl kann man keine Kirchen unterhalten“, prognostiziert Schwartzenberg.

Gemeindeleben wird sich radikal ändern

Das Gemeindeleben wird sich aus seiner Sicht radikal ändern. „Auch wenn wir nach meiner Pensionierung in St. Barbara sicher einen Pastor bekommen werden, der zunächst die Seelsorge in St. Barbara und später dann auch die Seelsorge in den Nord-Gemeinden Christ König und St. Engelbert übernehmen, aber die Verwaltungsaufgaben dann dem Pfarrer von St. Mariae Geburt überlassen wird, werden wir in Zukunft immer mehr auf engagierte Laien angewiesen seien, die nicht nur organisatorische, sondern auch seelsorgerische Aufgaben übernehmen. Dann wird es vielleicht unter dem Druck der Verhältnisse weniger Taufschein-Katholiken als heute geben.“ Schon heute wird die zur Pfarrei St. Barbara gehörende Gemeinde St. Mariae Rosenkranz von Gemeindereferentin Sigrid Geiger geleitet, die damit den aus Kamerun stammenden Pastor Constant Leke entlastet.

Mit Blick in die mittelfristige Zukunft kann sich Schwartzenberg sogar den Abriss von Kirchen vorstellen, die sich finanziell nicht mehr unterhalten lassen und für die Schar der Gläubigen zu groß geworden sind. Andererseits sieht er in der Krise der beiden noch großen christlichen Stadtkirchen auch die Chance einer verstärkten und fruchtbaren ökumenischen Zusammenarbeit. Für ihn wäre es kein Tabu, dass Gottes- und Gemeindehäuser ökumenisch genutzt werden.