Mülheim. . Das Staatstheater Braunschweig ist am Wochenende mit dem Chorprojekt von Marta Górnicka im Schuppen. Weitere Gastspiele im Dezember.
Der Ringlokschuppen wird am Wochenende lange nachhallen, wenn beim Gastspiel vom Staatstheater Braunschweig ein zwanzigköpfiger Sprechchor bei „Mother Courage“ an die Bühnenrampe geht. Es sind die berühmten Experten des Alltags, größtenteils Braunschweiger Bürger, die von sechs professionellen Schauspielern vom dortigen Staatstheater begleitet werden. Die sprachgewaltige Inszenierung von Marta Górnicka ist in knackigen 45 Minuten am heutigen Samstag, 20 Uhr, und am morgigen Sonntag, 16 Uhr, zu sehen.
Malmsheimer jauchzt und im Heidi Hoh steigt die Party
„Ringelpietz“ heißt das Partyformat im Lokschuppen-Lokal „Heidi Hoh“. Gespielt wird Tanzbares, Elektro-Funk, Swing, House und Soul. Am Freitag, 18. Dezember, ist DJ Casio ab 22 Uhr am Plattenteller. Geöffnet hat das „Heidi Hoh“ Do - So ab 14 Uhr (sonntags Waffeln).
Jochen Malmsheimer, Herr Rössler und sein Tiffany Ensemble sind am Donnerstag, 10. Dezember, 20 Uhr, im Ringlokschuppen. „Jauchzet, Frohlocket“ ist ein halbkonzertanter Spaß, wobei die weltlichen Aspekte des Festes ironisch anklingen. Karten (21,50 €), 99 31 60.
Der Chor zitiert Stimmen von Müttern und Kindern, Demonstranten und Gegendemonstranten, Wutbürgern, Kämpfern und Fans. Bekannte Formeln, Sprüche werden skandiert, verfremdet oder ironisiert. „Die Inszenierung zieht ihre Kraft alleine aus dem gesprochenen, gesungenen, geschrienen und geflüsterten Wort, aus dem klugen hin und her, dem Miteinander und Gegeneinander des Chores“, schreibt Jan Fischer auf „Nachtkritik“, dem Internet-Theaterportal: „Besser geht es kaum. Knallt. Ganz gewaltig“.
Chöre entwickeln besondere Kraft
Chöre entwickeln im Theater immer eine besondere Kraft. Sie können faszinieren, Wohlklang erzeugen, aber auch überwältigen. Der Titel „Mother Courage“ verweist auf Bertolt Brechts berühmte Mutterfigur, von der der Abend inspiriert ist. Es geht um Mütter in Kriegen und Zeiten des Umbruchs, die versuchen, einen Weg zwischen lebensrettendem Pragmatismus und ethischer Haltung zu finden. Die junge polnische Regisseurin Marta Górnicka verarbeitet politisch hochaktuelle Motive wie die Bedeutung von Angela Merkel als „Mutter Europas“ ebenso wie die merkwürdigen Verdrehungen „Wir sind das Volk“ der Pegida-Bewegung in ein sinnliches Theatererlebnis. Ein wahrhaft „europäischer Abend“, der komplexe Bezüge emotional erfahrbar macht und gesprochene Sprache hochmusikalisch zum Klingen bringt.
Marta Górnicka gilt als eine der interessantesten jungen Stimmen im europäischen Theater und hat diese Arbeit am Staatstheater Braunschweig realisieren können, nachdem sie dort 2012 den 1. Preis des Fast Forward Festivals für junge Regie gewonnen hatte.
Daneben stehen im Dezember weitere erstklassige Gastspiele im Ringlokschuppen auf dem Programm. Wie das René Pollesch-Stück „Keiner findet sich schön“, 18. und 19.12., der Volksbühne Berlin mit dem fabelhaften Schauspieler Fabian Hinrichs, der in Mülheim schon ein guter Bekannter ist. Premiere hat die Produktion „Jascha Simmer, 29“ – präsentiert von Anna Kpok – Samstag, 12.12.. In der Bühnen-Video-Arbeit schlüpft Jascha Sommer (29), Performance- und Videokünstler, anhand von 29 Selbstporträts in das Leben der Anderen. Wer möchte, steigt ein.