Mülheim. Kinder sicher durch den Straßenverkehr zu bringen, ist das Ziel der Jugendverkehrsschule der Polizei. Nun gibt es ein spezielles Angebot für Flüchtlingskinder.

Die Gesamtschülerin sieht ein wenig verdutzt aus, als sie auf dem Bürgersteig an der Augustastraße plötzlich mit einer erhobenen Kinderhand konfrontiert wird und einem deutlichen „Halt!“ Die siebenjährige Aida stoppt die Jugendliche, weil man eben am Bürgersteig stehen bleibt und sorgsam nach rechts und links guckt, bevor man über die Straße geht. Das haben Aida und zehn andere Seiteneinsteigerkinder, die an der Grundschule Styrum unterrichtet werden, Freitagmorgen gelernt – zunächst in der spielerischen Theorie von der Puppenbühne der Polizei Essen/Mülheim, dann in der Praxis an der Augustastraße.

Mehrsprachiger Elternbrief gibt Hinweise

Alle Kinder, die das neue Stück der Polizeipuppenbühne sehen, bekommen eine Ausmalbroschüre samt Elternbrief. Dieser gibt den Erziehungsberechtigten noch einmal Informationen und Hinweise.

Dieser Elternbrief wurde von Ehrenamtlichen – Freunde und Freunde von Freunden von Beamten der Polizei Essen/Mülheim – in zwölf Sprachen übersetzt. So, sagt Polizeioberkommissarin Florence Buttler, „wollen wir die Eltern einbinden“.

Die Kommissare der Polizeipuppenbühne begrüßen die Erst- bis Viertklässler in voller Montur, inklusive Handschellen und Dienstwaffe – ganz so, wie sie den Kindern auf der Straße, im Einsatz begegnen würden. Normalität ist das Ziel. Denn auch wenn es vorrangig darum geht, Flüchtlingskindern das richtige Verhalten im Straßenverkehr zu vermitteln, sollen zugleich Hemmschwellen abgebaut werden. Das geflügelte Wort vom „Freund und Helfer“ nutzt Polizeipräsident Frank Richter, wohlwissend, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen damit fremdeln. Aus Gesprächen weiß er: „In Syrien ruft niemand die Polizei – aus Angst.“

Mit Holzautos den Verkehr simulieren

Vor Polizeioberkommissarin Florence Buttler und Polizeihauptkommissar Armin Eggert muss sich niemand fürchten. Sie gehören zum Team der Polizeipuppenbühne und gestalten den theoretischen Teil der Verkehrserziehung mit einem Theaterstück, das sie speziell für Kinder mit kaum oder gar keinen Deutschkenntnissen entwickelt haben. Wenige Worte, viele Gesten und Puppe Tim, die nicht weiß, wie man sich im Straßenverkehr richtig verhält, stehen im Mittelpunkt – und das aktive Mitmachen der Kinder.

Aus Holz gebastelte Autos schnallen sie sich da um, simulieren den Verkehr, während ein anderes Kind gemeinsam mit Tim die Straße quert. Die Straße haben sie vorher mit Polizeioberkommissarin Florence Buttler zusammengesetzt – mit „Florence aus Frankreich“; vor der muss man keine Angst haben. Polizeipräsident Frank Richter hofft, dass die Schüler diese Botschaft mit nach Hause nehmen und so zu ihren Eltern Brücken bauen.

Flüchtlinge in DeutschlandAufgeregt und aufgedreht sind die Grundschüler und nach anfänglichem Staunen total bei der Sache. Alle wollen sie mitmachen: der Junge aus Syrien, der ohne Eltern nach Mülheim kam, das Mädchen aus Albanien, das in Deutschland als Wirtschaftsflüchtling gilt, das Mädchen aus Polen, das kein Flüchtling ist, aber dennoch kaum Deutsch kann. Deshalb spricht Simone Dausel, Schulleiterin der Gemeinschaftsgrundschule Styrum, lieber von „Seiteneinsteigern“. Sie werden an ihrer Schule in den normalen Klassen unterrichtet. „Ein Muss“ nennt Simone Dausel das, damit die Kinder Freundschaften schließen und Deutsch lernen, damit Integration praktisch nebenbei läuft, ein Kinderspiel – genauso wie die Verkehrserziehung der Polizeipuppenbühne.