Mülheim. . Eine Millionenklage der MVG gegen das Schienenkartell hütet die Verwaltungseit Monaten als Geheimnis. Erst die MBI bringen sie an die Öffentlichkeit.

Am Dienstagabend endete mal wieder eine dieser Sitzungen von Ratsgremien, die einige Ratspolitiker und Journalisten, vor allem aber interessierte Bürger im Dunkeln zurückließ. Die Tagesordnung im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität war reich an Themen von öffentlichem Interesse. Nur lassen sich die Stadtverwaltung, auch Teile der Kommunalpolitik offensichtlich nicht allzu gerne in die Karten schauen. . .

Ohne Anfragen insbesondere der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), das wurde am Mittwoch wieder deutlich, werden in Mülheim einige Sachverhalte gerne im Geheimschrank gehalten. So hatten die MBI die Verwaltung im Ausschuss aufgefordert, Stellung zu beziehen zu der Frage, ob die MVG Schadenersatz gegen das sogenannte Schienenkartell von Thyssen-Krupp und Co. geltend macht – und wenn ja, in welcher Höhe.

MBI holen Informationen in die Öffentlichkeit

CDU-Fraktionschef Wolfgang Michels, gleichsam Aufsichtsratsvorsitzender der MVG, echauffierte sich nicht zum ersten Mal über derlei MBI-Anfragen, die zum Ziel haben, Dinge öffentlich zu machen, die die Stadt meint hinter verschlossenen Türen von Aufsichtsräten oder des Rathauses halten zu müssen. Reinhard, so Michels, hätte sich die Informationen ja beim MVG-Aufsichtsrat der MBI holen können. Nur: Dann wäre immer noch nicht das öffentliche Interesse daran befriedigt worden, dass die MVG schon im August 2014 eine Klage eingereicht hat und eine Millionensumme Schadenersatz fordert.

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Von Mirco Stodollick

MBI-Ratsherr Reinhard konterte die Michelsche Aufgeregtheit mit der Feststellung, die MBI verstünden sich nun mal „als Vertreter der Öffentlichkeit“. Dass die MVG klage, sei ja wohl nicht als Geheimnis zu behandeln. Von Ausschusskollege Cevat Bicici (WIR AUS Mülheim) ernteten die MBI Lob: „Es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit und auch jene Stadträte, die nicht im Aufsichtsrat vertreten sind, solche Dinge erfahren.“ Die Stellungnahme der Verwaltung zum Schienenkartell bekamen ausschließlich die Politiker schriftlich, öffentlich vorgetragen wurde sich nicht.

Streit um Schienenkartell-Klage längst kein Unikat

Im Mittwochs-Ausschuss war der Streit um die Schienenkartell-Klage längst kein Unikat in punkto Intransparenz. Für etliche Tagesordnungspunkte waren im Bürgerinformationssystem keine Informationen beziehungsweise Stellungnahmen der Verwaltung hinterlegt. So auch mal wieder in der ÖPNV-Debatte. So finden Interessierte weder den Zwischenbericht der ÖPNV-Gutachter aus August im Bürgerinformationssystem der städtischen Internetseite noch jene Informationen, die die städtische Verkehrsplanung am Mittwoch etwa zum stockenden barrierefreien Umbau der ÖPNV-Haltestellen zwischen Hauptfriedhof und Raadt mit Präsentation im Ausschuss zumindest den Fachpolitikern und Gästen zuteil werden ließ.

Im Wirtschaftsausschuss bewies letztlich Werner Oesterwind (CDU) doch Gespür für die Interessen der Bürger. Er forderte die Verwaltung auf, ihre Stellungnahmen zumindest dem zu veröffentlichenden Protokoll beizufügen. Und Oesterwind erntete tatsächlich noch Kritik von Claus Schindler (SPD) dafür: Es würde doch völlig ausreichen, meinte dieser, wenn die Verwaltung entsprechende Unterlagen an die Geschäftsstellen der Fraktionen senden würde. . .

Stadtsprecher: Wir halten Informationen nicht absichtlich zurück

Die Intransparenz ist eine städtische Wiederholungstat. So gibt die Kämmerei etwa die fortwährenden Millionenverluste mit Zins- und Währungswetten stets ausschließlich in nicht-öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses preis. Laufende Kosten der Bauprojekte in öffentlich-privater Partnerschaft (Schulen, Medienhaus) oder der umstrittenen Anmietung der Hauptfeuerwache liegen versteckt im Nebel von Etat-Sammelposten. Die Ratspolitiker sollen morgen Position zur Klage des Landes zum Flughafen-Ausstieg Position beziehen, die Klageschrift haben sie aber gar nicht vorgelegt bekommen, sie müssen sich mit einem mündlichen Bericht des Rechtsdezernenten zufrieden geben. Die Liste der Mülheimer Intransparenz ließe sich ellenlang fortführen. . .

Der für den Wirtschaftsausschuss zuständige Dezernent Peter Vermeulen verwies gestern auf Anfrage dieser Zeitung an die städtische Pressestelle, um Stellung zu beziehen in Sachen Transparenz. „Es ist nicht unsere Absicht, Informationen zurückzuhalten“, sagte dann wenig überraschend Stadtsprecher Volker Wiebels.

Beschluss- und Beratungsvorlagen würden stets in das Bürgerinformationssystem eingepflegt. Berichte und Stellungnahmen der Verwaltung, selbst wenn schriftlich formuliert, würden allerdings im Zweifel erst auf Aufforderung der Politik hin ins Protokoll aufgenommen. Grundsätzlich habe jeder Bürger die Möglichkeit, Informationen in den öffentlichen Sitzungen, bei der Fachverwaltung oder Bürgeragentur einzuholen.