Mülheim. Nadine Tobey vom Deutschen Roten Kreuz ist für die Menschen in den Notunterkünften da.

Einfach nur mal jemanden haben, der einem zuhört – für Flüchtlinge, die in einer Notunterkunft angekommen ist das keine Selbstverständlichkeit. Schließlich müssen sie registriert, untersucht und verpflegt werden, für längere Unterhaltungen bleibt da oft keine Zeit. Dabei ist es für viele dieser Menschen ganz wichtig, sich über das Erlebte auszutauschen. Nadine Tobey ist ehrenamtliche Helferin beim Deutschen Roten Kreuz und macht in der Unterkunft an der Lehnerstraße genau das: zuhören.

„Von ‘wie geht es dir’ bis zu ‘wie war deine Flucht’ rede ich mit ihnen über alles“, sagt Tobey. „Wir lachen auch viel und haben Spaß“, ergänzt sie. Es sei toll zu sehen, wenn die Flüchtlinge für ein paar Stunden alles vergessen könnten. Nicht selten kommt es auch vor, dass Nadine auf werdende Mütter trifft. „Ihnen versuche ich ein Gefühl von Geborgenheit zu geben und ihnen Mut zu machen“, sagt die 35-Jährige. Und das schafft die zierliche Helferin, obwohl sie deren Sprache nicht spricht. „Mit den meisten verständigen wir uns auf Englisch. Sehr oft helfen uns auch Flüchtlinge, die Englisch und die benötigte Fremdsprache beherrschen und fungieren als Dolmetscher“, sagt Tobey. Sollte das alles nicht helfen, so käme sie auch mit Zeichensprache weiter. Hauptberuflich arbeitet sie als Fachkrankenschwester für Intensiv und Anästhesie, dem Ehrenamt widmet sie sich stundenweise in der Woche und am Wochenende.

"Wie eine große Familie

Dass Nadine Tobey heute für das Deutsche Rote Kreuz im Einsatz ist, ist kein Zufall. Denn schon während der Schulzeit hat die 35-Jährige im Sanitätsdienst der Schule ausgeholfen. Dann kam eines nach dem anderen: „Ich bin zum Jugend Rot Kreuz gegangen und jetzt beim Deutschen Roten Kreuz.“

310 Menschen leben derzeit in zwei Turnhallen und dem unteren Gang des Berufskollegs an der Lehnerstraße. Das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter arbeiten Hand in Hand. „Das ist auch wichtig, alleine würden wir das gar nicht schaffen“, vermutet Oliver Rudolph, Einrichtungsleiter der Johanniter an der Lehnerstraße. Das klappe auch richtig gut, Konkurrenzdenken gäbe es nicht. „Wir arbeiten in Mülheim schon ganz lange zusammen. Wir sind wie eine große Familie“, ergänzt Rudolph und garantiert, dass sich jeder auf jeden verlassen könne.

Mehrere Abschiede pro Woche

Damit sind nicht nur die Aufnahme, die Registrierung, die medizinische Untersuchung und die Verpflegung gemeint, sondern auch „keinen Lagerkoller entstehen zu lassen.“ Laut Rudolph sei ein Aufenthalt von acht bis zehn Tagen in der ersten Station üblich, doch aufgrund der derzeitig langen Bearbeitungszeit sind es bis zu vier Wochen. „Wir versuchen uns immer etwas einfallen zu lassen. So spielen wir mit ihnen Volleyball, bauen eine Hüpfburg für die Kinder auf oder bestellen einen Eiswagen“, zählt Nadine Tobey auf. Generell spielt die Ehrenamtlerin viel mit den Kindern, um sie für einige Stunden abzulenken.

Flüchtlinge in DeutschlandWenn die Bearbeitung nach Plan verläuft, dann sind die Flüchtlinge genau so schnell wieder weg wie sie gekommen sind. Bei so einer hohen Fluktuation bleibt es auch nicht aus, dass sich Nadine Tobey in nur einer Woche mehrmals verabschieden muss. „Das ist schon traurig. Besonders, weil ich die Menschen kennengelernt und sehr viel Zeit mit den Schwangeren und Kindern verbracht habe“, gesteht Tobey. Von einigen bekomme sie Post und das sei für sie „einfach nur schön zu sehen, dass es ihnen gut geht.“