Mülheim. Annett Heine ist jeden Tag an der Gustavstraße und spielt mit Flüchtlingskindern. Den Erwachsenen hilft sie bei der Post und bei Arztbesuchen.
Liebvoll spielt Annett Heine mit der kleinen Lea. Das elf Monate alte Mädchen scheint die Aufmerksamkeit sehr zu genießen und quietscht vor Freude. Und auch ihre Eltern fühlen sich sichtlich wohl, obwohl sie nicht jedes Wort verstehen. Turkijan und Angora Jasari sind vor gut zwei Jahren mit fünf Kindern von Serbien nach Deutschland gekommen und leben momentan in der Flüchtlingsunterkunft an der Gustavstraße. Annett Heine ist ehrenamtliche Helferin und steht bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite.
„Wenn ich mit meinem roten Auto vorfahre, kommen ganz viele zu mir gerannt. Dann wissen sie: Jetzt wird gespielt“, sagt Annett Heine. Familie Jasari schätzt das Engagement sehr und hat schnell Vertrauen zu der 48-Jährigen aufgebaut. „Es ist toll, dass sie sich so viel Zeit nimmt, um uns zu helfen und mit den Kindern zu spielen“, so der Vater. Er ist glücklich mit dem, was er jetzt hat. „In Serbien hatte ich keine Arbeit und viele Probleme“, sagt der 30-Jährige und ergänzt: „Ich wollte einfach nur, dass meine Kinder ein besseres Leben haben“. Das hätten sie jetzt, denn hier gehen sie zur Schule. „Sie können auch schon gut deutsch“, sagt Angora stolz.
Den Rat der Oma befolgt
Mit welchen Anliegen die Flüchtlinge zu Annette Heine oder auch Nadine Hinnerkott, Sozialarbeiterin der Stadt, kommen, ist unterschiedlich. „Wir übersetzen die Post, klären alles rundum Schule und Kinderkarten, Bustickets oder auch den Telefonanschluss“, zählt Hinnerkott auf, die direkt in dem Wohnkomplex der Gustavstraße ihr Büro hat. Die Ehrenamtlerin Heine kommt in die Wohnung, aber immer nur dann, wenn sie gerufen wird. Dann geht sie mit den Betroffenen zum Arzt oder hilft bei Anwaltsschreiben. Zudem ist sie nachmittags aber immer vor Ort an der Gustavstraße und spielt mit den Kindern oder macht Ausflüge zu der Camera Obscura oder zur Kegelbahn.
Flüchtlinge in Deutschland„Ehrenamt macht einfach Spaß“, bringt es Annett Heine auf den Punkt. Es sei ein tolles Gefühl zu wissen, dass die Menschen, die so schlimmes erlebt hätten, für ein paar Stunden ihre Probleme vergessen könnten. Seit August 2014 engagiert sich die vierfache Mutter jeden Tag bis zu acht Stunden. „Schon meine Oma sagte immer zu mir: ‘Du kannst zwar den Krieg am Ende der Welt nicht ändern, aber, wenn du dort etwas tust, wo du lebst, dann wird es besser’“.
Lerneffekt für beide Seiten
Trotz der unterschiedlichsten Nationalitäten funktioniere die Verständigung gut. „Mit Englisch oder unseren Händen und Füßen kommen wir immer weiter“, sagt Hinnerkott. Heine ergänzt lachend: „Ich habe oft auch schon etwas vorgetanzt.“ Sollte dieser Einsatz nicht ausreichen, werde ein Dolmetscher bestellt. Nicht nur die Flüchtlinge haben einen Nutzen von Annett Heine, sondern auch umgekehrt. „Ich lerne viel über das Land, die Kultur sowie die politische Lage“, sagt die Ehrenamtlerin. So könne sie die Flüchtlinge noch besser verstehen.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es aber doch: Annett Heine wird ab Oktober wieder als Pflegefachwirtin arbeiten. „Es wird sehr schwer das Ehrenamt zurückzufahren."