Mülheim. Jungpolitiker rückt auf den frei werdenden Platz vom künftigen OB Ulrich Scholten.

Er ist noch Schüler und mit 19 Jahren wohl das jüngste Ratsmitglied im ganzen Land: Für den gewählten Oberbürgermeister Ulrich Scholten rückt jetzt Jan Vogelsang in den Stadtrat nach, der neben Rodion Bakum zu den vielversprechendsten Hoffnungsträgern der SPD zählt.

„Ich halte sehr große Stücke auf ihn, denn er ist ein sehr kluger, politischer Kopf, was in seinem Alter eine Seltenheit ist“, sagt SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering und kündigt an, alles zu unternehmen, um die weitere politische Entwicklung von Jan Vogelsang zu unterstützen. Es begeistert ihn, dass der 19-Jährige jetzt in den Rat kommt und die Fraktion deutlich verjüngt.

Welche Aufgaben er dann übernehmen wird, ist noch nicht entschieden. Er saß schon als Sachkundiger Bürger im Ausschuss für Personal, Gleichstellung und demografischer Wandel und ist vor einigen Monaten als Beisitzer in den Unterbezirksvorstand der SPD gewählt worden. Der Sohn eines Künstlers sieht seine Ratstätigkeit auch nicht als Intermezzo und strebt ein Wirtschaftsstudium in der Region an. „Mit der Wahl habe ich auch Verantwortung übernommen.“ Das ist ihm ganz klar.

Mit 14 Jahren Leidenschaft für Politik entdeckt

Schon als 14-jähriger hat Vogelsang seine Leidenschaft für Politik entdeckt. „Es wäre vermessen, schon jetzt zu sagen, dass ich Politik zu meinem Beruf machen möchte“, sagt er, aber der Bereich reizt ihn schon. Das bedeutet ja nicht unbedingt, dass er ein Abgeordnetenmandat in einem überregionalen Parlament anstrebt. Seitdem wird das Interesse eher stärker als schwächer. Sein Ziel ist es, „eine jugendliche Perspektive in die Politik zu bringen.“ Sein Engagement will er aber nicht auf Jugendthemen beschränken.

Wirtschaft und Finanzen, die Königsdisziplin, reizt ihn. Politisch interessiert war er schon immer. Als 14-Jähriger trat er der SPD bei und erlebte Hannelore Kraft im Wahlkampf, hat die Ministerpräsidentin bei Hausbesuchen begleitet und erfahren, wie positiv Menschen darauf reagieren. Auch beim OB-Wahlkampf hat er Scholten an zwei Nachmittagen begleitet und sieht in dieser praktizierten Bürgernähe einen Schlüssel zum Erfolg. „Die Bürger fühlen sich ernst genommen und sagen, was sie bewegt“, erzählt er. Das sind dann zwar oft Kleinigkeiten, wie eine defekte Ampel oder ein fehlendes Schild. Wenn das Problem aber behoben werde, sei das oft wichtiger, als mit ihnen über den Ausgleich des städtischen Etats zu reden.

In seinem Wahlkreis Holthausen-Süd, in dem traditionell die CDU stark ist, möchte er künftig neben Infoständen und Sprechstunden auch Hausbesuche machen. Mit zehn bis fünfzehn Anregungen komme man dann immer zurück.

Lebenspraktische Erfahrung gesammelt

Mit seinen Mitschülern am Wirtschaftsgymnasium an der Lehnerstraße hat er ähnliche Erfahrungen gemacht. Anfangs habe er gemerkt, dass vielen seiner Mitschüler das Interesse an Politik fehle und sie die Einflussmöglichkeiten als gering einschätzten. Er habe mit ihnen diskutiert und die meisten mit Argumenten zur Stimmabgabe motiviert. Zwei würden sich jetzt auch für die Jusos engagieren.

„Er hat für sein Alter auch schon viel lebenspraktische Erfahrung gesammelt“, erzählt Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. So hat der Jungspund schon ein Austauschjahr in Austin, Texas, hinter sich, war zu Projekten in Mailand und Sevilla unterwegs und hat Praktika bei dem damaligen Parteigeschäftsführer Arno Klare und der Zentralgenossenschaftsbank in Frankfurt absolviert. „Und reden kann er auch“, so Schindler. So zählt zu seinen Vorbildern ausgerechnet der CSU-Grantler Franz-Josef Strauß – zumindest aus rhetorischer Sicht. Denn gerade die geschliffene Rede, die nicht vor Schärfe zurückschrecke, sei es doch, die Politik lebendig mache.

In seiner Freizeit geht er gerne mit Freunden ins Kino und liest russische Klassiker.