Mülheim. Während Unternehmen und Vereine das Netzwerk „Wir sind Flughafen“ gründeten, halten die OB-Kandidaten den Ausstiegsbeschluss für änderbar.
Die Unternehmen und Vereine am Flughafen Essen/Mülheim starten einen neuen Anlauf, um den Flugbetrieb auf den Ruhrhöhen zu retten. Rückendeckung erhalten sie von der Industrie- und Handelskammer (IHK), und neue Hoffnungen machen ihnen die Aussagen der Mülheimer OB-Kandidaten, die den vor zwei Jahren gefassten Beschluss zum Ausstieg aus dem Flugbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen für abänderbar halten.
„Wir sind Flughafen“ nennt sich ein neues Netzwerk, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, für den Erhalt zu werben. „Vor allem wollen wir aufklären darüber, welches Potenzial sich am Flughafen befindet“, sagt Frank Peylo, Sprecher der Vereinigung. Er hebt die Arbeitsplätze der sechs Unternehmen am Flughafen sowie die Bedeutung der beiden Flugschulen hervor, die eine lange Tradition und bereits Tausende von Verkehrspiloten ausgebildet haben, so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
"Das derzeitige Defizit müsste es nicht geben"
Die Vereine, so Peylo, betrieben zudem eine intensive Jugendarbeit. „Das alles lässt sich nicht einfach irgendwo anders hin verlagern“, betont er. Gerade das schlagen die Befürworter des Ausstiegs vor. Die Politik, so die Vereinigung, sollte noch einmal gut überlegen, ob sie etwas zerschlägt, was für die Städte in vielerlei Hinsicht profitabel sein könnte. „Das derzeitige Defizit müsste es nicht geben.“
Rückendeckung kommt von der IHK. In der Kammer hat man den Eindruck, dass „ein wirtschaftlich erfolgreicher Flughafen politisch nicht gewollt ist“. Zuletzt war das Defizit auf unter 500.000 Euro im Jahr gesunken, für die Befürworter des Flughafens ein Zeichen, das noch mehr möglich ist. Die IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel warnt davor, endgültige Fakten zu schaffen: „Wenn der Flughafen erst einmal geschlossen wird, dann ist und bleibt diese Tür zu. Wenn man fünf Jahre später meint, ein Flughafen wäre doch keine schlechte Idee für die Region – auch um Düsseldorf zu entlasten –, dann wird der Weg dorthin verbaut sein.
Oesterwind sieht keine neuen Perspektiven
Für Barbara Majerus, Geschäftsführerin der WDL-Gruppe, eine der ältesten Fluggesellschaften Deutschlands, geht es um mehr als um eine Landebahn: „Es geht um Arbeits- und Ausbildungsplätze, um gesunde Unternehmen, deren Geschäftsgrundlage durch eine Schließung entzogen wird.“ Jan Borkenstein, Verkehrsexperte bei der IHK, ist überzeugt, dass sich unter anderen Voraussetzungen weitere Unternehmen ansiedeln würden, allein der zentralen Lage wegen. „Aber so lange die Perspektive Ausstieg lautet, investiert keiner.“
Der mit Mehrheit in den Städten gefasste Ausstiegsbeschluss ist jedoch aus Sicht der beiden OB-Kandidaten Ulrich Scholten (SPD) und Werner Oesterwind (CDU) nicht unumstößlich. „Ein Ratsbeschluss hat so lange Geltung, wie sich keine neue Mehrheit findet, ihn zu korrigieren“, sagt der SPD-Mann. Neue wirtschaftliche und verkehrstechnische Perspektiven könnten in Zukunft eine anderslautende Ratsentscheidung ergeben. Der Ausstieg, so sieht es Oesterwind, habe Beschlusskraft, sei aber nicht unabänderlich. Neue Perspektiven sieht Oesterwind derzeit jedoch nicht.
Jahrzehntelanger Konflikt
Der aktuelle Ratsbeschluss in Mülheim – gegen die Stimmen von SPD und FDP – sieht die möglichst schnelle Aufgabe des Flugbetriebes vor. In der Stadt gibt es einen ähnlichen Beschluss. Auch das Land als dritter Gesellschafter der Flughafen Essen/Mülheim GmbH will den Ausstieg aus dem Flugbetrieb. Ein wesentlicher Grund sind die Defizite.
Gestritten wird über das Wie und Wann. Die Stadtspitze hatte ein Konzept zum Ausstieg im Jahr 2025 vorgeschlagen, das auf Ablehnung stieß.
Das Luftfahrtunternehmen WDL besitzt einen Pachtvertrag bis 2025. Der Aeroclub gar bis 2034. Der Konflikt dreht sich auch darum, was für die beiden Pächter an Infrastruktur vorgehalten werden muss. Damit haben sich bereits auch schon Gerichte befasst.