Mülheim. Was glauben Ulrich Scholten (SPD) und Werner Oesterwind (CDU), macht sie einzigartigals OB? Die WAZ hat von ihnen fünf Alleinstellungsmerkmale eingefordert.
Was glauben Ulrich Scholten (SPD) und Werner Oesterwind (CDU), macht sie einzigartig
als OB? Die WAZ hat von ihnen fünf Alleinstellungsmerkmale eingefordert.
1 „Ganz klar“, sagt Werner Oesterwind: „ein anderer Politikstil. Bei mir steht vorne die Stadt, nicht die Partei.“ Der CDU-Kandidat kündigt an, sich weder von Parteichef Andreas Schmidt noch vom Fraktionschef Wolfgang Michels in die Zange nehmen lassen zu wollen. Bei einer erfolgreichen Wahl will Oesterwind daher seinen Vorstandsposten als Schatzmeister aufgeben. „Ich bin kein Parteisoldat“, will er seine eigenen Positionen finden und – bei Widerständen – auch durchboxen.
CDU-Mann will Entscheidungsprozesse transparenter machen
2 Er wolle mehr für eine „transparente Politik“ stehen, sagt Oesterwind. Da seien Bürger, auch die Verwaltung stärker einzubinden. Ein „rigoroses Geht-Nicht“, wie etwa zum Wunsch der Mintarder nach einem neuen Schiffsanleger für 25 000 Euro, dürfe es so nicht mehr geben. Für andere Dinge seien in der Vergangenheit plötzlich auch Restmittel aus dem Nirwana aufgetaucht. Entscheidungsprozesse seien hier transparenter und offener zu gestalten, Bürger seien besser zu informieren als zuletzt geschehen beim Straßenbauprojekt am Werdener Weg. Oesterwind will auch mehr Transparenz im städtischen Haushalt schaffen. Manchmal könne nicht mal ein Amtsleiter erklären, was sich hinter einzelnen Posten verberge.
3 Noch mal Transparenz: Oesterwind will, wird er Verwaltungschef, Investitionsentscheidungen transparenter machen, vor jeder Entscheidung dargestellt sehen, welche Folgekosten auf die überschuldete Stadt zukommen. Hätte man so vor Jahren verfahren, so der CDU-Bewerber, wäre man wohl früher zu der Erkenntnis gekommen, dass ein Neubau des Wennmann-Bades wirtschaftlicher als eine immerwährende Sanierung ist, die jüngst erst Millionen verschlungen hat. Das gute Beispiel in der Diskussion um eine neue Sporthalle für die Luisenschule zeichne den Weg vor. Hier habe der Kämmerer auch die Folgekosten von jährlich gut 400 000 Euro offengelegt, das sei wesentlich für die noch ausstehende Entscheidung.
Oesterwind: Habe die gesamte kaufmännische Sparte drauf
4 Als weiteres Alleinstellungsmerkmal seiner Kandidatur sieht Oesterwind seine „Sachkompetenz durch meine berufliche Erfahrung“. Er verantworte als Geschäftsführer der Le Buffet Restaurant&Café GmbH die gesamte kaufmännische Spannbreite, mit der breiten Kompetenz sei er in der Lage, die Stadt zu führen.
5 Oesterwind reklamiert überdies für sich, besser als sein Gegenkandidat dafür Sorge tragen zu können, Mülheim „zu einer florierenden Stadt im Ruhrgebiet“ weiterzuentwickeln. Dabei sieht er Mülheim nicht als Insel in der Region, Oesterwind will die interkommunale Kooperation vorantreiben. Da gebe es heute „leider sehr wenig“. Größte Herausforderung in diesem Themenfeld sei es, die vielen verschiedenen Nahverkehrsgesellschaften im Ruhrgebiet zu einem Unternehmen zu verschmelzen. Das Via-Konstrukt mit den ÖPNV-Betrieben in Duisburg, Mülheim und Essen funktioniere nicht, endlich seien mal Einzelinteressen von Städten und Personen hintenanzustellen. „Das will ich als OB vorantreiben“, sagt der 57-Jährige.
1 Ulrich Scholten (SPD) sieht im Gegensatz zu Oesterwind nicht einen „ehrlichen Kassensturz“ Basis, um die Stadt aus dem finanziellen Schlamassel zu hieven. „Die Kassenlage ist bekannt“, sagt er. Vielmehr wolle er als OB weiter zur Chefsache machen, was Dagmar Mühlenfeld und Kämmerer Uwe Bonan mit dem kommunalen Bündnis „für die Würde unserer Städte“ begonnen hätten: die Einforderung bei Bund und Land, für fremdbestimmte Aufgaben der Städte auch entsprechendes Geld zur Verfügung zu stellen.
Chefsache von Scholten: Energiewende und Innenstadtentwicklung
2 Mit „Chefsachen“ will sich Scholten positionieren. Zu einem dieser Themen, die er höchstpersönlich vorantreiben wolle, zähle die energetische Stadtentwicklung, die Mülheimer Energiewende. Es sei nötig, hier als OB Verantwortung zu übernehmen, sagt Scholten, da die Lücke zu füllen sei, die das Ausscheiden von zwei maßgeblichen Antreibern (Medl-Chef Gerd Bachmann und Susanne Dickel, Klimainitiative) gerissen habe. Noch so eine „Chefsache“ für Scholten: „Ich habe eine klare Idee zur quartierweisen Innenstadtentwicklung unter Einbeziehung aller Partner.“ Ältere, Eltern, Junge müssten sich hier gleich wohlfühlen können, es gehe um einen Mix aus Wohnen, Freizeitgestaltung und Arbeiten. Noch so eine „Chefsache“: Scholten persönlich will sich für ein Bad links der Ruhr einsetze, ohne dass eine städtische Investition nötig wird. „Ich werde einen Förderkreis hierfür ins Leben rufen“, verspricht er. Kontakte zu einem europaweit tätigen Energiedienstleister, einer Umweltstiftung und anderen Partnern seien geknüpft. Osnabrück könne Vorbild sein.
3 Übereinstimmend, aber unabhängig voneinander, nennt auch Scholten als eines seiner herausragenden Themen, für einen revierweit fusionierten Bus- und Bahnbetrieb zwischen Duisburg und Dortmund zu kämpfen. Jene Vision sei sicher auch in zwei Amtsperioden nicht zu verwirklichen, glaubt er. Aber es sei zwingend, dafür einzutreten. „Oberbürgermeister, Aufsichtsräte und Aufsichtsbehörde müssen an einen Tisch und sagen, wo wir in zehn Jahren sein wollen“, sagt er und fügt, ganz im Stil seiner bisherigen Tätigkeit als Personalchef bei MGB, hinzu: „Wir müssen den Geschäftsführern in die Zielvereinbarung schreiben: Du hast dich in den nächsten zehn Jahren selbst abzuschaffen.“
SPD-Mann: „Klientelpolitik wird mit mir nicht zu machen sein“
4 „Klientelpolitik wird mit mir nicht zu machen sein, ich will OB für alle Bürger und Stadtteile sein“, glaubt sich Scholten hiermit abzugrenzen. Er werde einen neuen Stil des Vertrauens und der Verlässlichkeit prägen, durch kontinuierlichen Dialog auch mit anderen Meinungen, um „politische Muskelspiele“ wie beim Streit um die Zukunftsschule Eppinghofen schon im Vorfeld ausbremsen zu können.
5 „Ich suche nicht nach jeder kleinen Personalressource“, ist für Scholten ein weiterer Personalabbau in der Verwaltung kein Thema. Sein Augenmerk: Expertise halten – insbesondere mit dem Blick darauf, dass fast zwei Drittel der Mitarbeiter in einem Alter nicht weit weg vom Ruhestand seien. Hier werde er als Verwaltungschef gegensteuern.