Mülheim. . Eine große Mehrheit der Politiker stimmt für den Vorschlag der Stadtverwaltung, auf dem Saarner Kirmesplatz ein Flüchtlingsdorf zu errichten.

Mit großer Mehrheit hat die Politik am Donnerstabend dem Vorschlag der Stadtverwaltung zugestimmt, auf dem Kirmesplatz in Saarn Unterbringungsmöglichkeiten für rund 600 Flüchtlinge zu errichten. Es ist das erste größere Dorf für Asylbewerber in dieser Stadt. Die Kommune ist gezwungen, innerhalb kurzer Zeit für weitere 1000 Flüchtlinge Platz zu schaffen. „Wir wollen Obdachlosigkeit unter allen Umständen vermeiden“, betont Sozialdezernent Ulrich Ernst und versicherte, dass es zum Kirmesplatz an der Mintarder Straße derzeit keine Alternative gebe.

Darüber hinaus fehlen immer noch 400 Plätze für den schnellen Bedarf. „Büro- wie Gewerbebauten werden derzeit geprüft“, so Kämmerer Uwe Bonan.

Flüchtlinge in DeutschlandUmgehend wird die Stadtverwaltung versuchen, Zelte, Container oder Hütten für das Flüchtlingsdorf in Saarn zu bekommen. Der Kämmerer geht davon aus, dass rund drei Millionen Euro investiert werden müssen. Die Zustimmung erhielt er bereits auch dazu, die Ausschreibungen für mobile Wohneinheiten vorzunehmen, die im nächsten Jahr gebraucht werden. In zehn bis zwölf Container-Dörfern müssen weitere Flüchtlinge untergebracht und versorgt werden. Nach den letzten Schätzungen geht man in der Stadt davon aus, dass Ende 2016 an die 4000 Flüchtlinge in Mülheim leben werden. Doch sicher ist auch das nicht. Die Zahlen steigen schnell.

Erste Bedenken aus Saarn

Im November wird die Stadtverwaltung eine Liste mit Standorten vorlegen, an denen sich diese Container-Dörfer realisieren ließen. Die Politik muss dann die endgültige Entscheidung treffen. „Wir streben in jedem Fall eine sozialverträgliche Lösung an“, betonen die Dezernenten. Soll heißen: Die Standorte werden über das gesamte Stadtgebiet verteilt.

Erste Bedenken gab es jetzt bereits aus Saarn, wo neben dem Flüchtlingsdorf mit 600 Personen auch noch die Turnhallen an der Lehner- und an der Ernst-Tommes-Straße belegt sind. „Kann man den Druck hier nicht etwas wegnehmen“, fragt Ramona Baßfeld (CDU). Andere, wie Jochen Hartmann (fraktionslos), finden, dass gerade die nördlichen Stadtteile bisher das Gros an Flüchtlingen aufgenommen haben. Kleinkariert nennt Cevat Bicici (WIR) diese Verteilungsdiskussion angesichts der Not: „Es ist unsere vorderste Pflicht, den Menschen zu helfen.“

Das sehen alle in Politik und Verwaltung so. Das soziale Klima sei nach wie vor gut, betont Ernst und verweist auf die jüngste Bürgerversammlung am Mittwochabend in Broich, wo von 100 Menschen die Hälfte sich aktiv in der Flüchtlingsarbeit engagieren will.

Kämmerr warnt vor politischem Sprengstoff

Kämmerer Uwe Bonan warnt davor, die Städte mit den Kosten für die Unterkunft und Betreuung von Flüchtlingen weiterhin im Regen stehen zu lassen. Das Land übernimmt gerade mal 22 Prozent. Die volle Kostenübernahme erwartet der Kämmerer und erhält durchgängig Zustimmung in der Mülheimer Politik. Allein für das Flüchtlingsdorf in Saarn mit 600 Menschen wird die Stadt im Jahr 8,6 Millionen Euro für Betreuung und Versorgung ausgeben müssen. Für rund sechs Millionen Euro wird sie jetzt Container bestellen, damit die nächsten 1000 Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf haben.

Bis zu 20 Millionen Euro Belastung erwartet Bonan im kommenden Jahr. Für den Kämmerer wäre es ein Unding, wenn er im Gegenzug auf die Sanierung von Schulen verzichten oder Steuern erhöhen müsste, weil die Kommunalaufsicht auch noch auf Einhaltung der Grenzen für Neuverschuldung besteht. „Das werde ich nicht mitmachen.“ Vor einem gesellschaftspolitischen Sprengstoff warnt Uwe Bonan.

OB Dagmar Mühlenfeld erinnerte daran, dass der Deutsche Städtetag seit zwei Jahren vergeblich auf die Belastungen durch die Flüchtlingsaufnahme hinweise.