Mülheim. . 1000 Flüchtlinge leben derzeit in Mülheim, 120 von ihnen in einer Turnhalle. Weitere 300 bis 400 Flüchtlinge werden in diesem Jahr noch erwartet.

Eritrea, Elfenbeinküste, Albanien, Syrien, Irak, Mazedonien – die 120 Flüchtlinge, die in der Turnhalle an der Lehnerstraße untergebracht sind, kommen aus vielen Krisengebieten. Die Jüngsten sind nur wenige Monate alt. Auf einer Bürgerversammlung am Montagabend schildern Helfer, wie der Alltag in der Halle aussieht. Konflikte gibt es keine, Hilfe auch hier reichlich.

Es ist ein stiller Alltag, wie Oliver Rudolph von den Johannitern und Martin Meier vom DRK berichten. Sehr leise verhielten sich die Flüchtlinge, sehr zurückhaltend. Die Helfer hat das überrascht. In Parzellen von 2,8 mal 3,2 Metern leben zwei bis vier Personen. Wer Glück hatte, blieb bei der Flucht als Familie zusammen. „Man kann erahnen, was sie durchgemacht haben“, sagen die Helfer. Elf Kinder sind dabei, vier Schwangere. Eine Frau erwartet Vierlinge. Alle Personen wurden gleich nach der Ankunft untersucht, vor allem auf mögliche ansteckende Erkrankungen.

Keinen Lagerkoller aufkommen lassen

„Nur keinen Lagerkoller aufkommen lassen“, lautet das Ziel. Maltische wurden für die Kinder aufgebaut, es gibt Brettspiele, sportliche Aktivitäten werden angeboten. Die Meisten bemühen sich, schnell etwas Deutsch zu lernen. Ein vierjähriges Kind kann bis 20 zählen. „Es gibt viel Unterstützung“, freuen sich Meier und Rudolph. Die einen spielen mit Kindern, andere gehen mit ihnen Eis essen. Die Dankbarkeit der Menschen sei groß. Wie lange sie bleiben, und ob überhaupt – keiner weiß es. Die Verfahren laufen.

Wie viele der Flüchtlinge denn echte Kriegsflüchtlinge seien, fragt ein Bürger in der Runde. Etwa ein Drittel, schätzt Sozialdezernent Ulrich Ernst. Und die anderen?Viele haben sich vom Westbalkan aus auf den Weg gemacht. Mit welchen Hoffnungen, Erwartungen kommen sie? Fragen, auf die keiner eine Antwort hat. Die Stimmung in der Bürgerversammlung ist unaufgeregt, keine Spur von Ablehnung. Mehrere fragen danach, wie sie helfen können, was benötigt wird.

Die Schulen meistern das

Voraussichtlich bis nach den Herbstferien werden die Flüchtlinge die Turnhalle des Berufskollegs und der Gesamtschule Saarn belegen. Die Schulen meistern das, finden andere Wege für den Schulsport. Schon in den Ferien wurden Vorbereitungen getroffen. „Es gibt kein Problem, das wir nicht bewältigen könnten“, sagt die Schulleiterin des Berufskollegs, Roswitha Neumann-Weber. Kritik oder Unmut äußert keiner. Eine Lehrerin vom Berufskolleg sagt, dass die Flüchtlinge auch eine Chance seien. Die Schüler beschäftigten sich damit, stellten Fragen. Vor allem Schüler, die selbst eine Flucht hinter sich haben, zeigten sich betroffen: Ist Kontakt möglich? Zu Beginn des Schuljahres wurde für die Flüchtlinge eine kleine Willkommensfeier gemacht, Luftballons stiegen auf. Die Menschen hätten sich sichtbar gefreut, schildert Martin Meier.

An die 2000 Flüchtlinge in 2016

Doch gibt es auch Sorgen. Was wird, fragt ein Bürger, wenn in Mülheim die Kapazitäten für die Unterbringung nicht mehr reichen? Rund 1000 Flüchtlinge sind derzeit in der Stadt untergebracht. Die Prognosen gehen überall nach oben. Mülheims Sozialdezernent rechnet bis zum Ende des Jahres mit weiteren 300 bis 400 Flüchtlingen. Wenn die Entwicklung so anhält, geht Ulrich Ernst im nächsten Jahr davon aus, „dass wir an die 2000 Flüchtlinge in der Stadt haben werden“. Ohne Containerbauten wird es dann nicht mehr gehen. Die Stadt schaut voraus, sagt aber auch: „Wir lösen nicht die Probleme des Landes.“ Das Land, darin ist sich die Stadtspitze in Mülheim mit den anderen Kommunen einig, „muss mehr Erstaufnahme-Kapazitäten schaffen.“ Flüchtlinge in Deutschland