Mülheim. Fatih Özen und Husein Alhammoud vermitteln im Auftrag der SWB zwischen Mietern und Flüchtlingen. Sie übersetzen, geben Orientierung und machen Mut.
Zunächst war Karin Slotta etwas zurückhaltend, was ihre neuen Nachbarn betraf. Als die syrische Familie Hassan mit drei kleinen Kindern ein Stockwerk tiefer einzog, gab es erst einmal kaum Berührungspunkte zwischen den Nachbarn am Erlenweg. Dann machten Husein Alhammoud und sein Kollege Fatih Özen die Parteien miteinander bekannt. Nun haben Karin Slotta und Familie Hassan erste Kontakte geknüpft und verstehen sich mit Händen und Füßen prima. Alhammoud und Özen arbeiten als „Integrationslotsen“ der Wohnungsgesellschaft SWB. Sie sind Vermittler zwischen Mietern und Flüchtlingen.
Zurzeit wohnen 613 Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Nationen in 118 Wohnungen der SWB im gesamten Stadtgebiet. Am Erlenweg in Saarn leben vier Familien in drei Wohnungen. „Wir besuchen jede Familie mindestens einmal im Monat“, erklären Husein Alhammoud (33) und Fatih Özen (25). Seit sieben Monaten sind die beiden jetzt im Einsatz für die SWB. Sie sprechen die bereits dort wohnenden Mieter an und helfen den asylsuchenden Neubewohnern sich im Wohnalltag zurechtzufinden. So sollen Vorurteile abgebaut werden, damit sich die Nachbarn besser kennenlernen und sich mit der Kultur des jeweils anderen vertraut machen können.
Ängste abbauen - auf beiden Seiten
Dass Husein Alhammoud arabisch und Fatih Özen türkisch spricht, ist dabei von Vorteil. Kommt es zu Konflikten zwischen den Nachbarn? „Ab und an gibt es Beschwerden über abendlichen Lärm. Dann müssen wir vermitteln“, sagen die beiden. Die meisten Familien seien jedoch bemüht, sich positiv zu präsentieren. Vielmehr gehe es bei ihrer Arbeit darum, Ängste abzubauen – auf beiden Seiten. „Oft kommen Briefe für die Flüchtlinge an, die sie nicht verstehen. Wir übersetzen und beruhigen sie, denn viele haben Angst, wieder weggeschickt zu werden.“
Asylsuchende in Nachbarschaft einbinden
Zurzeit hat die Stadt 77 Wohnungen der SWB für Flüchtlinge angemietet, 120 sind geplant. Hintergrund dafür ist, die Menschen in nachbarschaftliche Strukturen einzubinden. Am Ende, so das Ziel, soll die Stadt den Mietvertrag der Wohnungen an die Nutzer abtreten.
30 weitere Wohnungen anderer Vermieter hat die Stadt für Asylsuchende angemietet. Die Verwaltung geht davon aus, dass bis zum Ende dieses Jahres rund 1200 Asylbewerber und Flüchtlinge untergebracht werden müssen.
Von vielen Schicksalen hören die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit. So wie das der Familie Hassan, die mit ihren drei Kindern vor dem IS-Terror in ihrer Heimatstadt Kobane in Syrien geflohen sind. „Wenn ich solche tragischen Geschichten höre, sage ich den Leuten, dass es nur besser werden kann“, meint Alhammoud. Auch Nachbarin Karin Slotta, die bereits seit 40 Jahren am Erlenweg wohnt, berührt das Schicksal ihrer neuen Nachbarn. „Mir taten die syrischen Frauen mit ihren Kindern so leid, die nebenan eingezogen sind“, berichtet sie. „Die hatten nichts.“ Karin Slotta schenkte ihnen Wäsche und ihre Kaffeemaschine. Ein Nachbarschaftsfest würde sie sich nun wünschen, damit man sich besser kennenlernt. „Die jungen Männer können ja dann übersetzen“, lacht die Anwohnerin.
Ein Neuanfang kann schwer sein
Fatih Özen und Husein Alhammoud kümmern sich bei ihren Rundgängen auch um die Vermittlung zu anderen Stellen. „Wir als SWB sind eng mit der Stadt und anderen Akteuren vernetzt.“ Benötige eine Familie etwa weitere Möbel oder Küchengeräte, vermitteln die Integrationslotsen ans Sozialamt oder die WiM-Initiative weiter.
Für den Job bewarben sich die Männer, weil sie gerne „mit Menschen arbeiten wollten“. Und weil sie wissen, wie schwer ein Neuanfang in einem fremden Land sein kann. „Meine Eltern sind vor 50 Jahren aus der Türkei nach Mülheim zum Arbeiten gekommen“, berichtet Fatih Özen. „Über eine solche Hilfestellung wären sie damals froh gewesen.“
Hilfe im Alltag
Um Asylsuchende in den Wohnungen zu unterstützen, arbeiten verschiedene Akteure eng zusammen. So gibt es neben den beiden Integrationslotsen der SWB auch die Wohnbegleiter der PIA (Paritätische Initiative für Arbeit). „Diese vier Mitarbeiter sprechen ebenso verschiedene Sprachen und sind Ansprechpartner für die Flüchtlinge“, erklärt PIA-Chef Frank Schellberg. Sie zeigen den Neuankömmlingen, wo sie einkaufen, zu welchen Ärzten sie gehen können, wie die Mülltrennung im Haus funktioniert oder vermitteln Deutschkurse.
Alle zwei Wochen finden zudem Gespräche statt, in denen sich die Helfer über Einzelfälle austauschen. „So können Schwierigkeiten bereits im Vorfeld vermieden werden“, wissen alle Beteiligten.