Mülheim. . Auf dem Friedhof Broich steht ein Gemüsebeet. Doch es hat alles seine Richtigkeit: In dem Garten verbringen die Friedhofsarbeiter ihre Pausen.
Urlaubszeit ist auch Entdecker-Zeit. Die Menschen fahren in die Ferne, um etwas Neues zu sehen. Manchmal kann man diese Erfahrung auch vor der Haustür machen. Eigentlich wollte Walter Euler auf dem Broicher Friedhof nur die Gräber seiner Verwandten gießen. Aber weil er sich spontan dazu entschlossen hat, auf seinem Spaziergang am Friedhof Station zu machen, fehlte ihm seine Gießkanne. Doch er weiß, sich zu helfen.
Freundliche Friedhofsbesucher haben im Gebüsch an der neuen Leichenhalle für solche Fälle eine Kanne deponiert. Und genau hier macht Euler nun seine Entdeckung: ein Gemüsegarten, direkt hinter der Halle, auf dem Friedhofsgelände.
Fast 100 Quadratmeter Nutzgarten
„Die Hecke hat an einer Stelle eine Lücke, als ich dadurch geschaut habe, war ich sehr erstaunt. Dort ist ein Gemüsegarten.“ Salatköpfe sind zu sehen, Bohnen sind angepflanzt worden, ebenso Mangold. Kartoffeln werden hier auch bald geerntet. „Ich schätze mal, dass sind fast 100 Quadratmeter“, so Euler. Und das alles so nah an den Gräbern. Unmittelbar vor der Hecke, die den Garten umschließt, stehen noch die Grabsteine. Ein Gottesacker der anderen Art? Euler ist sich nicht ganz schlüssig.
Gepflegt sieht der Garten aus, macht einen guten Eindruck. Er hat eine Auge dafür, schließlich hatte er selbst viele Jahre einen Schrebergarten. Aber dieser Standort bringt Euler ins Grübeln. Ist es wirklich unbedenklich, direkt neben dem Friedhof Gemüse zu pflanzen? Lagern im Boden Leichengifte? Ist das wirklich erlaubt und gesund?
Euler war verunsichert. „Ich wollte wissen, was andere davon halten. Mir war vor allem wichtig, dass niemand gesundheitlich gefährdet wird.“ Und so stellte er Fotos von dem Garten in der Facebook-Gruppe „Mülheim - die schöne Stadt am Fluss“ ein.
Friedhofsarbeiter verbringen hier ihre Mittagspausen
Allerdings verwendete Euler einen Trick: Den Ort verrät er nicht. Er lässt die anderen Gruppenmitglieder raten. Und es zeigt sich: Darauf, dass der Garten auf einem Friedhofsgelände liegen könnte, kommt zunächst niemand. Und auch nach Eulers Auflösung sind viele erstaunt. Auch für sie ist das eine Neuentdeckung. Das Idyll hinter der Friedhofshecke ist für sie unbekannt.
Es ist aber auch ungefährlich. Das ergibt eine Nachfrage bei der Stadt. Hinter dem Garten steht vielmehr eine ausgesprochen positive Geschichte. In dem Flachbau verbirgt sich die Unterkunft für die Friedhofsarbeiter. Sie verbringen hier vor allem ihre Mittagspausen.
Die Stadt hat ihnen erlaubt, dort ihren grünen Daumen zu beweisen. Die Fläche vor dem Bau stand ihnen zu freien Verfügung. Und das hieß eben auch, dass sie im kleinen Maße dort Gemüse anbauen können.
Vertrauensbeweis des Arbeitgebers
Eine schöne Idee ist so eine Refugium für die Pausen. Die Friedhofsarbeiter müssen schließlich körperlich hart schuften, da wirkt so ein Erholungsraum in der freien Natur sicherlich für sie entspannend. Hier können sie immer wieder neue Kräfte sammeln.
Aber auch die Tatsache, dass sie eigenverantwortlich diese Fläche gestalten können, ist ein positives Beispiel. Dieser Vertrauensbeweis des Arbeitgebers wirkt motivierend. Und zudem: Das Ergebnis sieht auch schön aus, es erfreut auch die anderen Friedhofsbesucher.
So zeigt dieser Gemüsegarten hinter der Friedhofsecke, dass es auch im vermeintlich altbekanntem Terrain immer noch Neues zu entdecken gibt. Um so schöner, wenn solche Überraschungen dann uneingeschränkt positiv sind.