Mülheim. . Das Glück ereilte eine 76-jährige Mülheimerin, als sie vor drei Jahren umzog. Die neue Wohnung und der Garten sind für sie ein Sechser im Lotto.

„Mein Märchenwald“, sagt Gisela Kruszinski manchmal, wenn sie von ihrem Garten spricht. Und es stimmt: Das vielleicht 40 Meter lange, 10 Meter breite Grundstück hinter ihrem Haus hat etwas Verwunschenes. Das grüne Dach, das die alten Bäume bilden, spendet Schatten, sorgt für angenehm frische Luft auch an heißen Tagen. An manchen Stellen fallen Sonnenstrahlen auf den Rasen, hinterlassen Tupfen zwischen bunten Blumen, Gartenhäuschen und Gipsfiguren. Die 76-Jährige denkt dann „Mein Gott, ist das schön hier“ und erinnert sich an ihren Mann, der einst wohlig seufzte: „Ich komme mir fast vor wie in einem Schlösschen.“ Für Gisela Kruszinski ist ihr Zuhause „ein Sechser im Lotto“.

Das Glück ereilte sie vor gar nicht allzu langer Zeit: 2012 war es erst, da zogen sie und ihr mittlerweile verstorbener Mann von der Kämpchenstraße nach Speldorf. Sohn Peter, der in der Nähe lebt, hatte die Wohnung in der Zeitung entdeckt. Und die Eltern bekamen tatsächlich den Zuschlag. Nicht nur Haus, Balkon und Garten waren Volltreffer, „auch die Menschen hier sind anders, viel offener“, findet Gisela Kruszinski. In 45 Jahren Stadtmitte habe sie kaum Leute kennengelernt, „jetzt sind es plötzlich viele“.

„Wir haben so viel Spaß miteinander, das ist fast wie in einer Familie“

Nun fragt schon mal ein Nachbar: „Möchten Sie Kirschen haben?“ Und die Frau von nebenan lädt Gisela Kruszinski in ihren Strandkorb, um ein Ründchen zu zocken. Außerdem gibt es den Seniorenkreis vom Lutherhaus, der sie wunderbar aufgenommen habe, und die Freundinnen, mit denen sie im Garten kniffelt. Vor allem aber das nette Vermieter-Paar, das das Haus mit ihr teilt. „Wir haben so viel Spaß miteinander, das ist fast wie in einer Familie“, erzählt die Neu-Speldorferin. „Kann man es besser haben?!“

Der Vermieter ist es auch, der sie zu gärtnerischen Höchstleistungen animiert. Er sagt von Zeit zu Zeit, wie wunderbar sie den 2012 noch heruntergekommenen Garten wieder hinbekommen habe. Ein Lob, das wirkt: Stück für Stück arbeitet sich Gisela Kruszinski voran, abgeschlossen ist ihr Projekt längst nicht. „Ich suche mir immer wieder neue Stellen, an denen ich etwas machen kann.“ Manchmal laufe sie schon um 7 Uhr früh an den Beeten entlang, „um zu sehen, was ansteht“. Blätter zupfen, fegen oder auch mal etwas Neues anpflanzen.

Gisela Kruszinski liebt Buchskugeln

„Ich möchte zum Beispiel noch mehr Gräser haben.“ Die würden gut passen in diese Oase, zur lilafarbenen Dahlie, die gerade angefangen hat, zu blühen, zur Schneeball-Hortensie und dem ebenfalls weißblühenden Farn. . . Gisela Kruszinski liebt Buchskugeln und sie zieht Kräuter: Lavendel, Minze, Kapuzinerkresse, Rosmarin, Majoran.

Die Hobbygärtnerin probiert auch, ob Gurken und Zucchini angehen. „Es ist schön, wenn man etwas wachsen sieht, das man selbst gepflanzt hat.“ Den Tomaten unter der riesigen Kastanie am Ende des Gartens allerdings fehlt die Sonne.

Im Märchenwald stehen Gipsfiguren einer verstorbenen Nachbarin – Schafe, Gänse, Zwerge – und eine Hütte mit Veranda, die sich anbietet für laue Abende bei Sangria und Grillwurst. „Da sitzen wir bis 3 Uhr morgens und quatschen.“

„Wenn ich noch mal jung wäre“, sagt Gisela Kruszinski, die einst als Schuhverkäuferin gearbeitet hat sowie beim Steuerberater und beim Rechtsanwalt, „dann würde ich gerne etwas mit Garten- und Landschaftsbau machen.“ Das Gen dafür habe sie wohl von ihrem Vater geerbt. Klar sei, so sagt sie, „man muss Spaß an der Sache haben – sonst haut das nicht hin“.