Mülheim. . Sieben Fahrzeuge stehen in Mülheim zur Verfügung. Der Bundestagsabgeordnete Arno Klare wünscht sich ein größeres Angebot, sieht aber große Hürden.

Am Bahnhof aussteigen und von dort aus mit einem Leihwagen das letzte Stück zur Arbeit fahren. Nur eine Möglichkeit des Carsharings, das in unterschiedlichen Formen immer beliebter wird und in Deutschland zweistellige Wachstumsraten verzeichnet. Mülheim und seine Nachbarstädte haben jedoch noch Nachholbedarf, meint der hiesige Bundestagsabgeordnete Arno Klare (SPD). „Die ersten Schritte in der Ruhrstadt sind getan, es wird jedoch Zeit, städteübergreifende Maßnahmen in den Blick zu nehmen.“

Derzeit stellen die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) und die Pia-Stiftung mit dem Kooperationspartner „stadtmobil“ stadtweit vier stationäre Fahrzeuge zur Verfügung. Pia-Geschäftsführer Frank Schellberg: „Es ist sicher noch Luft nach oben, wir haben uns beispielsweise noch nicht so intensiv um Werbung gekümmert. Aber derzeit sehen wir uns gut aufgestellt.“ Eine zweieinhalbstündige Fahrt über zwölf Kilometer mit einem Kombi kostet nach Angaben von „stadtmobil“ übrigens 13,11 Euro.

Weitere drei Fahrzeuge bietet der Elektromobilitätsanbieter RuhrautoE in der Stadt an. „Unsere Autos werden gut genutzt, das Potenzial für mehr Fahrzeuge sehen wir derzeit aber noch nicht“, berichtet Andreas Allebrod, Geschäftsführer von Drive-Carsharing, Anbieter von RuhrautoE. Eine Fahrt kostet hier 4,90 Euro pro Stunde.

Mülheim nur auf Platz 110 von 136

Verglichen mit anderen Städten ist das Angebot in Mülheim jedoch klein. Pro 1000 Einwohner gibt es 0,04 Leihfahrzeuge. Bei einer Rangliste vom Bundesverband CarSharing liegt die Ruhrstadt damit auf Platz 110 von 136 Städten.

In anderen Großstädten Deutschlands sei Carsharing dagegen bereits fester Bestandteil des städtischen Mobilitätskonzepts, so Arno Klare. In Karlsruhe oder Freiburg hätten sich Carsharing-Stationen bereits etabliert, in den größten deutschen Städten gebe es zudem das sogenannte Freefloat-Modell, bei dem man bequem per Smartphone-App Fahrzeuge suchen könne, die überall in der Stadt verteilt stehen. „In Berlin haben einige Menschen deshalb schon ihr Auto abgeschafft.“ Die Vorteile, ist Klare überzeugt, lägen auf der Hand. „Carsharing-Nutzer sind flexibel, können teils extra für sie ausgewiesene Parkplätze nutzen und sparen die Unterhaltungskosten für ein eigenes Autos.“ Umweltfreundlich sei das ganze obendrein.

Große Anbieter scheuen nach den Gang ins Revier

Große Carsharing-Anbieter wie die Autobauer BMW und Mercedes Benz würden sich bislang jedoch scheuen, mit ihrem „Freefloat“-Modell im Ruhrgebiet durchzustarten. „Carsharing – sowohl Freefloat als auch das Modell mit festen Stationen – funktioniert nur als Teil einer ganzheitlichen, intelligenten Mobilitätskette von Tür zu Tür, die auch Bahn, Bus und (Elek­tro)-Rad umfasst.“ So könnten Wege zur Arbeit mit mehreren Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

„Das funktioniert aber mit einem ausgebauten ÖPNV als Basis. In Mülheim und dem westlichen Ruhrgebiet ist der Verkehr aber nicht optimal städteübergreifend aufeinander abgestimmt“, bemängelt Arno Klare. Bei der Via müsse beispielsweise dringend Oberhausen mit ins Boot geholt werden. „Eine mögliche Lösung wäre eine suprakommunale Koordinationsstelle für den Verkehr, beispielsweise auf der Ebene des Regionalverbands Ruhr.“ Eine Insellösung sei weder für Mülheim noch für andere Kommunen praktikabel.

Dennoch empfiehlt Klare, das Angebot an stationären Leihfahrzeugen in Mülheim auszubauen. Darauffolgend könne irgendwann das Freefloat-Modell im Ruhrgebiet folgen. Gebe es erstmal genügend Fahrzeuge, würden die Vorzüge des Carsharings sich irgendwann herumsprechen. „Es muss zunächst eine Mentalität für das Carsharing geschaffen werden. Das geht nur, wenn die Menschen ein Angebot auch wirklich kennenlernen und nutzen können.“