Mülheim an der Ruhr. . Handel, Wohnen, Hotel, Gastronomie, Büros und Fitness sollen realisiert werden. Investition an die 60 Millionen. Aber: Noch nichts ist unterschrieben.

Fünf Jahre steht das ehemalige Kaufhofgebäude inzwischen leer, behindert die Stadtentwicklung, gilt für viele Mülheimer als Schandfleck. Das Ende ist in Sicht. Drei Investoren – die beiden Projektentwickler AIP und Fortress aus Düsseldorf sowie der Mülheimer Wohnungsbau – haben zugesagt, den Komplex zu übernehmen und daraus in den nächsten Jahren das hochwertige Stadtquartier Schloßstraße zu entwickeln. Zwischen 55 und 60 Millionen Euro wollen sie in den Standort investieren.

Abriss ab Decke über Erdgeschoss

Gestern Nachmittag stellten sie im Rathaus ihre Planungen vor. „Ich kenne keinen Standort weit und breit, wo Altes, Neues und Freizeit so optimal nebeneinander liegen wie hier“, sagt der Architekt und Projektentwickler von AIP, Gerd-Rainer Scholze. Es ist im Wesentlichen seine Idee, an der Stelle ein Quartier mit kleinteiligem Einzelhandel, Gastronomie, einem Hotel, Wohnen, Büros und Fitness zu realisieren, ein Quartier, das sich zur Ruhr öffnet. Der Zeitplan sieht vor, dass Ende 2017, Anfang 2018 das Objekt vollendet ist.

Ab der Decke über dem Erdgeschoss des bestehenden Gebäudes wollen die Bauherren den Bestand abreißen, eine Passage durch das Areal von der Schloßstraße/ Friedrich-Ebert-Straße zum Stadthafen schneiden und fünfgeschossige Neubauten an die Stelle setzen. Lediglich das jetzige Parkhaus soll in seiner Grundstruktur erhalten bleiben, es bekommt geänderte Zufahren und verliert die beiden oberen Ebenen, aus denen ein Fitness-Studio wird.

33.000 Quadratmeter Fläche

An die 33.000 Quadratmeter neue Geschossflächen wollen die Investoren insgesamt schaffen, wobei 5000 Quadratmeter auf das Hotel entfallen sollen. Dabei werde es sich, so Scholze, um ein Drei- bis Vier-Sterne-Haus mit 140 Zimmern handeln. Der Handel im Erdgeschoss wird mit etwa 4800 Quadratmetern veranschlagt, die Wohnungen mit 5300, die Büros mit 5000 Quadratmetern, für ein betreutes Wohnen werden 4000 Quadratmeter berechnet, für die Gastronomie im Erdgeschoss 1800 und für das Fitness-Center 2500 Quadratmeter. 200 Stellplätze sind vorgesehen.

Die Investoren

Das Projekt wollen die drei Investoren AIP, der Mülheimer Wohnungsbau und die Fortress-Immobilien AG aus Düsseldorf entwickeln.

Die AIP wurde 1990 als Architekturbüro mit dem Schwerpunkt Industrie- und Gewerbebau durch Gerd Rainer Scholze gegründet. Das Unternehmen verfügt über Planungsbüros in Düsseldorf, Leipzig, München, Frankfurt und in der Schweiz. Zu den großen Projekten von AIP gehören der Neubau der bundesweit ersten staatlichen Hochschule für Gesundheit in Bochum.

Fortress entwickelt derzeit den Jannowitzturm in Berlin und ist spezialisiert auf Projekte mit einem Mix aus Büro-, Geschäfts- und Hotelnutzungen.

Der Umbau des Areals könnte aus Sicht von Scholze und Mülheims Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier eine Art Blaupause werden. „In vielen Städten gibt es schon heute und in Zukunft die gleichen Probleme mit großen leer stehenden Bauten“, so Scholze. In Mülheim, so Schnitzmeier, werde gezeigt, wie ein Nutzungsmix das Problem lösen könne.

Unterschrieben ist noch nichts, Namen etwa des Hotelbetreibers werden denn auch noch nicht genannt. Und so schwingt bei aller Euphorie, die man gestern im Rathaus zu verbreiten versuchte, auch noch eine gewisse Skepsis mit. Mit Grundstücksbesitzer Jochen Hoffmeister sei man sich im Preis einig, sagt Scholze und betont: „Wir haben so viel Energie und Geld in das Vorhaben investiert – das würden wir nicht machen, wenn wir nicht überzeugt wären.“

Passage führt durch den Baukörper 

Die Düsseldorfer Projektentwickler AIP hatten sich bereits im vergangenen Jahr in das Gelände rund um den ehemaligen Kaufhof verguckt und einen Entwurf für die mögliche Sparkassen-Akademie an der Stelle eingereicht. Daraus wurde nichts; aber der Plan B, wie Gerd-Rainer Scholze (AIP) sagt, mit Hotel, Wohnen, Handel, Gastronomie an Seite von Ruhr und Ruhrbania soll nicht nur erfolgreich sein, sondern auch das größte städtebauliche Problem lösen.

Die Lage nennen die Investoren erstklassig, und das mit Blick auf die gesamte Region. Mit potenziellen Mietern und Betreibern seien seit langem intensive Verhandlungen geführt worden, Zusagen gebe es, so dass Scholze nicht mehr an ein Scheitern glaubt. Er lobt ausdrücklich die Stadtverwaltung Mülheim, die das Vorhaben sehr gut unterstützt und sehr schnell gearbeitet habe.

Mehrere mögliche Investoren waren in den vergangenen Jahren an dem Baukomplex schnell gescheitert oder mussten gar ihre fertigen Planungen und verteilten Hochglanz-Broschüren wieder einstampfen, weil ihnen Mieter und Betreiber abgesprungen waren. Diese Gefahr sieht Mülheims Bau- und Planungsdezernent Peter Vermeulen jetzt nicht mehr. Die jetzige Herangehensweise der Investoren sei eine ganz andere. „Hier wurden zunächst die möglichen Mieter und Betreiber gesucht, ihre Wünsche und Anforderungen abgefragt, die entsprechenden baurechtlichen Planungen mit uns immer wieder eng abgestimmt“, so Vermeulen. Das sei ein wesentlich professionelleres Vorgehen. „Der Abriss des alten Kaufhof-Gebäudes kann bereits im Herbst beginnen, zeitgleich erstellen wir die Baugenehmigung“, so der Baudezernent. Auch für ihn ist das Projekt eine wichtige Stadtreparatur, wesentlich für die Innenstadt.

Eine hochwertige Fassadengestaltung aus Sandstein und Glas

Der neue Baukomplex wird in mehrere Einzelbaukörper umgestaltet, eine Passage durchschneidet das Areal künftig, darin sollen Handel für die Nahversorgung und eine kleine Gastronomie-Meile angesiedelt werden. Eine hochwertige Fassadengestaltung aus Sandstein und Glas verspricht Scholze. Er will dem neuen Quartier eine hohe bauliche Qualität geben. Die Aufteilung der Gebäude soll so angelegt werden, dass diese später auch einmal einzeln verkauft werden könnten.

Die Nutzung der Flächen kann sich noch verschieben, sagt Scholze. So könne er sich durchaus auch mehr Wohnungen statt Büros vorstellen. „Gerade ältere Menschen wollen zurück in die Zentren.“ Gut möglich, dass auch die Stadtverwaltung Büroflächen anmietet und sich an anderen angemieteten Stellen zurückzieht.