Mülheim. Anwohner pflegen in Eigenarbeit das Gelände an der Wittekindstraße in Mülheim. Die Stadt baute aber aus Sicherheitsgründen alle Schilder ab.
Nachmittags, wenn die Kita schließt, die Schule vorbei ist, geht es an der Wittekindstraße rund. Mit einem vielfältigen Fahrzeugpark, vom Laufrad bis zum Mountainbike, erobern Kinder den kleinen Verkehrsübungsplatz, den sie „Übi“ nennen. Jetzt haben Familien die Patenschaft übernommen, die Stadt baute alle Schilder ab. Sie kann das Gelände in der bisherigen Form nicht mehr unterhalten.
Seit Generationen tobt sich der Nachwuchs auf dem grün gelegenen „Übi“ aus. „Meine Söhne sind hier quasi aufgewachsen“, sagt Babette Ziehe, Mutter von zwei Schulkindern, wohnhaft an der Sauerbruchstraße. Den Übungsplatz gebe es aber deutlich länger: „Einer unserer Nachbarn ist Mitte 50 und hat hier schon Radfahren gelernt.“ Bis vor etwa zweieinhalb Jahren habe sich ein anderer Anwohner um das Gelände gekümmert, im Rahmen eines Pachtvertrages mit der Stadt — bis er weggezogen sei. Müttern wie Babette Ziehe, Julia Vaubel und einigen anderen Familien liegt der „Übi“ am Herzen, sie wurden aktiv.
Familien wollen Risiko nicht tragen
Es folgten etliche Gespräche und mehrere Ortstermine, über die auch Frank Buchwald, Leiter des städtischen Immobilienservice, im Frühjahr in Sitzungen der Bezirksvertretung und des Ausschusses für Bürgerangelegenheiten berichtete. Man habe den Anwohnern einen neuen Pachtvertrag angeboten, wobei sie zwar nichts zahlen, wohl aber die Verkehrssicherungspflicht übernehmen sollten. Dies lehnten die Familien ab: Sie wollen bei der Pflege bereitwillig Hand anlegen, das Risiko jedoch nicht tragen.
Auch die Stadt sieht sich hierzu nicht in der Lage: Weder Immobilienservice noch das Amt für Grünflächenmanagement hätten die nötigen personellen Ressourcen. Und die Verkehrswacht zeigte ebenfalls kein Interesse an dem Gelände.
Lösung ist eine Art Patenschaft
Ende Februar wurde dann doch noch eine Lösung gefunden: Sie läuft auf eine Art Patenschaft hinaus, die die Familien gerne übernehmen: „Wir starten zwei Mal im Jahr, jeweils samstags, eine große Nachbarschaftsaktion“, berichtet Julia Vaubel, „wir schneiden die Hecken und den Rasen, räumen auf.“ Den Grünschnitt immerhin entsorgt die Stadt. Ebenfalls in Eigenarbeit soll demnächst der kaputte Zaun noch repariert werden, auf den während des Orkans Ela ein Baum gekracht war.
Die Stadt steuerte nach eigenen Angaben 10 000 Euro aus „Restmitteln“ bei, um den Platz herzurichten. Dabei wurden allerdings auch alle Verkehrsschilder abgebaut, „um Verletzungsgefahren nahezu auszuschließen“, wie es im Bericht der Verwaltung heißt. Etwas schade, finden die Familien, aber: „Lieber die Schilder wegnehmen als den Platz zu schließen.“