Mülheim an der Ruhr. . Michael Bluhm stellt ab Mittwoch seinen Melkus auf der Techno Classica aus. Und der Mülheimer Opel-Club präsentiert eine „Razzia im Milieu“.
Seinen Melkus verkaufen? Das käme Michael Bluhm niemals in den Sinn. „Eher verkaufe ich Frau und Kind“, sagt er keck. Mit dem knallorangefarbenen Wagen ist der Mülheimer seit März 1992 zusammen, mit seiner Frau erst seit April des gleichen Jahres. „Da sind die Prioritäten ja klar. . .“ Das Auto, das er als „unübersichtlich, unpraktisch und eigentlich überflüssig“ beschreibt, aber auch als „wunderbar zu fahren“, zeigt er ab Mittwoch in Essen auf der „Techno Classica“.
Anfang der 90er war Bluhm mit einem feschen Käfer-Cabrio unterwegs, doch alsbald war ihm der Wagen zu gewöhnlich. Der Wartburg-Cabrio, den man damals plötzlich auch auf westdeutschen Straßen antreffen konnte, war exotischer, „und schick und günstig war er auch noch“. Der Mülheimer sattelte um, gründete bald sogar einen Wartburg-Club. Und fand Monate später dann, via Zeitungsanzeige, zu einem weiteren DDR-Klassiker: dem Melkus.
„Morgens um 7.30 Uhr haben wir uns auf den Weg gemacht, abends um halb zwölf waren wir beim Verkäufer nahe Wittenberge.“ Er habe dem Mann „etwas mehr Geld gegeben, als er haben wollte“ und die Sache war gebongt. Fortan war Bluhm seliger Besitzer von einer jener zwischen 1969 und 1979 nur 101-mal gebauten Legenden, die den Namen des berühmten DDR-Rennfahrers und Konstrukteurs Heinz Melkus tragen.
In der DDR galt Motorsport als kapitalistisch
Dieser hatte es einst übrigens nicht einfach, als er sich den Traum vom Rennwagen erfüllen wollte, erzählt Bluhm. „Motorsport galt als kapitalistische Sportart“; reine Flitzer waren ungern gesehen. Melkus konzipierte deshalb einen Alleskönner, ein Auto, mit dem man sich in den Verkehr trauen kann, aber eben auch – nach kurzen Umbauten – auf die Piste. Der Konstrukteur verkaufte seine Idee auf raffinierte Art und Weise: „Er behauptete, er baue das Auto nur aus Anlass des 20. Jahrestages der DDR und zum Beweise der Leistungsfähigkeit der heimischen Automobilproduktion. . .“ Die Oberen ließen ihn daraufhin gewähren. Herauskam ein Auto, „bei dem man mit dem Hintern tiefer sitzt, als mit den Füßen“, das Flügeltüren hat und dessen Fensteroberkante dort ist, wo sonst die Unterkante ist.
Michael Bluhm mag sein „Gokart für Große mit Straßenzulassung“. Der 49-Jährige hat deshalb erneut einen Club für ein Ex-DDR-Auto gegründet und setzt sich damit seit Jahren bundesweit für den Erhalt des Wagens ein. Um herauszufinden, wer sonst noch glücklicher Melkus-Fahrer ist, hat er viel recherchiert, „und mittlerweile 85 der 101 Besitzer ausfindig gemacht“. Auch Heinz Melkus lernte er vor Jahren noch kennen; mit einem Konvoi von einem Dutzend Autos überraschten ihn die Melkus-Fans zum 70. in Dresden. „Da stand er dann mit feuchten Augen und war einfach nur sprachlos.“
Opel-Club zeigt „Razzia im Milieu“
„Von Kindsbeinen an“ war Thomas Ferch begeistert von Autos. Es fing an beim Opa in Wuppertal, der eine Tankstelle hatte, und bei dem der kleine Thomas spielen durfte – und Autos bestaunte. Und ging weiter beim Onkel, der ihn mit einem Opel Rekord P 1 auf den ganz speziellen Geschmack brachte. Gerade 18, und noch ohne Führerschein, erwarb Ferch 1986 sein erstes eigenes Auto. Es war, na klar, ein Opel, und zwar ein Olympia A für 1300 Mark.
Den Unfallwagen, den er damals eigenhändig restauriert hat, besitzt der Maschinenbautechniker (47) noch heute. Hinzu kamen zwei B-Kadetts. Einer der Kadetts wird ab morgen auf der Oldtimer-Messe „Techno Classica“ in Essen zu sehen sein, und zwar am Motto-Stand von Thomas Ferch und seinen Mitstreitern vom Mülheimer Kadett B und Olympia A-Club.
Der Kadett wird nicht einfach nur rumstehen und der Besucher harren, sondern eine Hauptrolle spielen in einer Art Theaterstück. „Razzia im Milieu“ heiße die Show, und man werde erleben, was man im Milieu so erlebt: einen Zuhälter mit leicht bekleideten Mädchen und passendem Opel Commodore, Polizisten mit einem Kadett in grün plus Blaulicht. Der Wagen von Ferch darf Zivilfahrzeug spielen.
Für eine richtige Aufführung allerdings ist in der Messehalle nicht genug Platz, „deshalb machen wir Effekte mit Nebelmaschine, Lichtern und Geräuschen“. Im vergangenen Jahr kam die Show des Vereins super an: Die Mitglieder traten auf als – na, was wohl –: Kadett(en).