Mülheim. Seit Anfang des Jahres gilt der Mindestlohn. Doch Arbeitgeber finden Wege, ihn zu umgehen – beispielsweise über eine Manipulation der Arbeitszeit.

Seit Anfang des Jahres gilt der Mindestlohn. Wird er überall umgesetzt? Und was passiert mit den Arbeitgebern, die die neue Regelung nicht korrekt umsetzen. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Die Fahnder

Sie überprüfen, ob in den Betrieben tatsächlich ordnungsgemäß bezahlt wird: die 152 Mitarbeiter der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt in Duisburg. „Schon vor dem neuen Gesetz haben wir kontrolliert, ob in den einzelnen Betrieben dem Tarif entsprechend gezahlt wird. Jetzt ist einfach eine weitere Regelung dazugekommen“, erläutert Susanne Neuhoff vom Hauptzollamt. Gibt es denn jetzt mehr Einsätze? Dazu gibt es noch keine Zahlen. Aber eine tatsächliche Mehrbelastung kann Neuhoff nicht feststellen Von Vorteil sei, dass die Ermittler die einzelnen Branchen kennen. „Wir wissen das getrickst wird. Zum Beispiel bei der Arbeitszeit: Dann werden weniger Stunden angegeben, als tatsächlich gearbeitet wird. Es ist aufwendig, solche Täuschungen aufzudecken. Die Prüfungen nehmen je nach Fall manchmal viel Zeit in Anspruch.“ Aber die Arbeit lohnt sich: Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz können Bußgelder bis zu 500.000 Euro erhoben werden. Im letzten Jahr wurden nach Ermittlungen wegen Schwarzarbeit Geldstrafen wegen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Höhe von insgesamt 121.720 Euro erhoben, Bußgeldbescheide wurden für insgesamt 495.236 Euro verschickt.

Die Kontrollen finden stichprobenartig statt. Oder dann, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen. „Wir kommen dann nicht nur mit zwei Mann. Dann rückt schon eine größere Truppe an“, erläutert Susanne Neuhoff. Zur Zeit werden deutschlandweit 1600 zusätzliche Ermittler ausgebildet. Doch im Einsatz werden sie erst in drei Jahren sein. Vor Ort besteht aber keine Personalnot. Man sei gut aufgestellt, so Neuhoff.

Die Gewerkschaften

Auch die Gewerkschaften ziehen Bilanz: Die meisten Arbeitgeber halten sich an die Regel, aber es gibt auch einige Ausreißer. Und es gibt immer noch ein großes Informationsbedürfnis. So hat sich der DGB auch dazu entschlossen, seine Info-Hotline, die ursprünglich nur bis März geschaltet werden sollte, auf unbestimmte Zeit zu verlängern. 9100 Menschen haben bisher aus ganz Deutschland die Nummer gewählt. Darunter sind auch Arbeitgeber gewesen. Eine vollständige Rechtsberatung ist aber am Telefon nicht möglich. „Die kann es nur bei einem richtigen Beratungsgespräch geben“, betont Marion Knappe vom DGB.

Für weitere Hilfe müsse dann die Gewerkschaft vor Ort angesprochen werden. Allerdings muss man dann auch Mitglied sein, um die Beratung umfänglich in Anspruch nehmen zu können. Führt der Hotline-Service also zu neuen Mitgliedern? Dies war tatsächlich eine Hoffnung der Gewerkschafter, als die Kampagne am Anfang des Jahres gestartet wurde. Doch zu einer Erfolgsquote kann Marion Knappe aus der DGB-Zentrale nichts sagen: „Das wird von uns nicht weiter nachgehalten. Viele der Anrufer bleiben auch anonym.“

Rechtsberatung erteilt auch Diana Hafke von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Ein Klassiker: Die Arbeitszeit wird manipuliert. Deswegen sei es notwendig, dass die Arbeitnehmer sie dokumentieren. Ein anderes Beispiel: Gutscheine werden als Alternative angeboten. „In Bäckereien ist es manchmal so, dass Vor- und Nacharbeit nicht bezahlt wird. Man rechnet erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Laden für die Kunden geöffnet wird.“ In einem Sonnenstudio sollte die Arbeitskraft zwar ganztägig anwesend sein, aber nur bezahlt werden, wenn tatsächlich ein Kunde bedient wird.