Mülheim. . Die große Nachbarschaft, zu der rund 50 Anwohner gehören, feiert Hochzeiten, Jubiläen und Geburtstage. Hier gilt: Einer für alle, alle für einen.
Die halbe Nachbarschaft des mittleren Eupener Wegs ist in der Garage von Jutta Schmitz versammelt. 14 Erwachsene, um einen Wärmepilz gedrängelt und mit einem wärmenden Glühwein ausgestattet, sind bereits in lebhafte Gespräche vertieft. Neun Kinder jeden Alters trotzen dem Nieselwetter und flitzen draußen herum. „Ich bin stolz, im mittleren Eupener Weg zu wohnen und eine so tolle Nachbarschaft zu haben“, sagt Jutta Schmitz und strahlt in die Runde. Die Akzeptanz von Jung und Alt sei hier sehr groß – das finde man doch nicht mehr überall.
Alle reden durcheinander: „Wisst ihr noch, wie wir beim Oppi das Dach geflickt haben, nachdem ein Sturm einen Teil weggeweht hatte“, sagt Erich Kosczinski in die Runde. „Und wir waren gerade in Holland, als nach dem Pfingststurm „Ela“ unser Keller überflutet war. Als wir am nächsten Mittag endlich zu Hause ankamen, hatten fünf Nachbarn bereits alles trocken gelegt und geputzt“, erzählt Beate Gulanowska.
"Einer für alle, alle für einen"
Ihr Mann Marek erinnert sich: Er sei eines Tages von der Arbeit gekommen, da habe die Haustür gefehlt. Der Schlüssel sei seiner Frau abgebrochen. Also hätten die Nachbarn kurzerhand die Tür ausgebaut und seien bei seiner Ankunft noch dabei gewesen, den Zylinder zu wechseln. „Wir waren einfach nicht schnell genug, sonst hätte Marek gar nichts gemerkt“, meinen einige Nachbarn lachend.
Die Nachbarschaft ist also in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da. „Wer zu Hause ist, packt sofort mit an und hilft“, betont Janita Wältring. „Einer für alle, alle für einen“, ergänzt Frau Moraw fröhlich. Sie hat viel nachbarschaftliche Unterstützung erfahren, als sie im Krankenhaus war.
„Hier stört es zum Glück niemanden, wenn die Kinder mal laut sind“
Es habe immer schon Siedlerfeste, wie das „Klumpenfest“, und eine gute Nachbarschaft gegeben, erinnert sich die 85-jährige Ruth Hermesmeyer, seit 1937 am Eupener Weg zu Hause. Aber dann habe eine Stagnation eingesetzt, etliche Leute seien weggezogen oder verstorben. „Es gab damals kein Kind mehr auf unserer Straße“, sagt die Seniorin. 2001 ging dann der Kindersegen los, nachdem mit den jungen Familien, die auf den freien Grundstücken gebaut hatten, neues Leben in die Gemeinschaft kam. „Hier stört es zum Glück niemanden, wenn die Kinder mal laut sind“, sagt Janita Wältring, die im Sommer mit anderen Müttern gerne mal zum Klönen auf der Straße sitzt, um den Nachwuchs zu beaufsichtigen.
Die Kinder gehen, wie auch schon zu früheren Zeiten, in die Oemberg-Schule, wachsen gemeinsam auf. „Als wir als neue Familie eingezogen sind, sind wir so herzlich aufgenommen worden, dass mussten wir das einfach an die Nächsten weiter geben“, findet Beate Gulanowska.
Nachbarn feiern allerlei gemeinsam
Für die Sprösslinge kommt der Nikolaus zu Gulanowskas, zu Sankt Martin näht Ruth Hermesmeyer Täschchen für die Kleinen, bei Familie Moraw wird Halloween gefeiert. Es wird gebacken, gebastelt, und jeder bringt etwas mit. Natürlich feiert die große Nachbarschaft, zu der rund 50 Menschen gehören, Hochzeiten, Silberhochzeiten oder runde Geburtstage.
Auch der 65. Straßengeburtstag sei Anlass für ein großes Fest gewesen, erinnern sie sich. „Wir haben ja in diesem Jahr schon das 75-jährige Bestehen“, wirft jemand in die Runde. Sofort ist klar: Auch das ist eine Feier wert! „Trotzdem sind wir keine Pottkieker“, sagt Jutta Schmitz, die mit kurzer Unterbrechung seit 59 Jahren am Eupener Weg lebt. Es gebe keinen Zwang und keine Verpflichtung – vielleicht klappe es deshalb so gut mit den Nachbarn.