Mülheim. Dagmar Mühlenfeld strebt keine dritte Amtszeit als Oberbürgermeisterin an. Sie nennt es eine schwere Entscheidung. Für die SPD soll Ulrich Scholten antreten.

Die Überraschung ist perfekt. Anzeichen dafür, dass Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld im September noch einmal antreten würde, gab es viele. Man muss sich nur an ihr entschiedenes Eintreten im Vorfeld der Kommunalwahl für die Aufstellung von Fraktionschef Dieter Wiechering in Broich erinnern.

„Der nächste Rat wird bunt und chaotisch ohne Ende. Dieter Wiechering ist für mich deshalb als Fraktionsvorsitzender unverzichtbar“, hatte sie im Dezember 2013 gesagt, als sich in einer nicht ausweglosen Kampfkandidatur ein anderer Sozialdemokrat um den Wahlkreis bemühte und anschickte, das Urgestein der SPD zu stürzen. Oder an die Einbringung des Haushalts im Herbst, als Mühlenfeld dem Rat die Leviten las und ihn leidenschaftlich aufforderte, seiner Aufgabe endlich gerecht zu werden und Entscheidungen zu treffen. So kämpft niemand, der es nicht noch einmal in einer dritten Amtszeit wissen will. So dachte man und täuschte sich.

Politik aus Freude

Nun also die Ankündigung, dass für sie am 20. Oktober Schluss sei. Einen konkreten Grund nennt sie nicht. Nur Persönliches: Den kürzlichen Tod des Vaters, der junge Enkel, dessen Entwicklung sie stärker miterleben möchte. Die Entscheidung sei in den Weihnachtstagen gereift. „Die Lebensplanung ist auf Veränderung eingestellt. Und darauf freue ich mich.“ Sie räumt ein, dass es eine schwierige Entscheidung war, weil die Arbeit ihr Freude, nicht Spaß, gemacht habe und sie einige Dinge gerne zu Ende geführt hätte.

Vor allem hinter die Kaufhoffrage hätte sie gerne einen Haken gemacht. „Nachdem sich namhafte Projektentwickler daran vergeblich versucht haben, sollten wir alle intensiv daran arbeiten, dass die Chance, die sich jetzt bietet, Realität wird“, sagt sie. Eine Wiederbelebung des Einzelhandels sieht sie dort schon seit Langem skeptisch, glaubt aber, dass die Kombination aus Altenwohnungen Hotel und Restaurant dazu beitragen können, dass von dort wieder positive Impulse auf die untere Schloßstraße ausgehen.

Ein würdevoller Abgang

Mit dem Verzicht auf die Kandidatur möchte sie den richtigen Zeitpunkt, für einen würdevollen Abgang nicht verpassen. Mit dazu beigetragen habe auch eine Personalentscheidung. Mit dem im November gewählten Parteivorsitzenden Ulrich Scholten, dem sie „die Fortsetzung meiner Arbeit im Geist sozialdemokratischer Tradition“ zutraue. Dem Unterbezirksvorstand hat sie gestern Abend den 57-Jährigen vorgeschlagen. Auf die Frage, ob auch andere personelle Weichenstellungen, etwa die Kandidatenkür der CDU, für ihre Entscheidung relevant gewesen seien, beantwortet sie ausweichend, bezeichnet Werner Oesterwind als netten Kollegen, der sich auch für das Wohl der Stadt einsetze. Wäre Planungsdezernent Peter Vermeulen für die CDU nicht in seiner Heimatstadt Krefeld, sondern wie es lange schien in Mülheim angetreten, ihre Entscheidung, davon ist wohl auszugehen, wäre anders ausgefallen.

Hat denn die Blockadepolitik der kleinen Fraktionen, die ihr in der Vergangenheit erkennbar keine Freude bereitet hat, ihre Entscheidung beeinflusst? Man muss nur an die Torpedierung der Bewerbung um den Sitz der Sparkassenakademie durch die MBI denken. Auch hier weicht sie aus, beklagt zwar die Widerstände und eine Ideologisierung, schiebt aber gleich nach. „Das ist nicht der Grund.“ Widerspruch und Kritik, so sagt sie an anderer Stelle, sind wichtig. Davon lebt Demokratie: Vom Ringen um die beste Lösung.

„Jetzt ist es gut“

„Gestalten geht auch unter schwierigen Bedingungen“, betont sie und versichert, dass sie bis zum 20. Oktober, durch preußischen Geist geprägt, kein Quäntchen weniger Einsatz und Arbeit aufwenden werde als in den vergangenen Jahren.

Abgesehen vom Tagesgeschäft und dem Kaufhofproblem sind es noch zwei Dinge, die sie bis zum Herbst voranbringen möchte: Die Fortführung des 100-Häuser-Programms, das durch die Bereitstellung von günstigem Wohneigentum Familien in Mülheim hielt. Es könnte auf dem Areal der Max-Kölges-Schule, die im kommenden Jahr ausläuft, fortgesetzt werden. Und im Kommunal-Bündnis Raus aus den Schulden möchte sie sich dafür einsetzen, dass Kommunen auskömmliche Mittel erhalten.

„Jetzt ist es gut“, sagt sie mit Lust auf ein anderes Leben, die ihr anzumerken ist. Sie fühlt sich mit sich im Reinen. Eine Entscheidung, die sie bereuen würde, fällt ihr nicht ein. In ihrer Amtszeit habe sich vieles zum Besseren gewandelt und auch persönlich habe sie profitiert, neue Freunde gewonnen - auch jenseits der Parteigrenzen.