Mülheim. . Cassandra Hrnecek ist im ersten Ausbildungsjahr an der Pflegeschule im Marien Hospital. Als Pagin der Karnevalsprinzessin hat sie einen vollen Terminkalender.
Cassandra Hrnecek hat derzeit zwei Jobs, die sie stark fordern – aber das macht der jungen Frau nichts aus. Beides ist ihr wichtig, und so muss sie ab und zu auf etwas Schlaf verzichten. Die 18-jährige Mülheimerin ist im ersten Ausbildungsjahr an der Krankenpflegeschule „Contilia Akademie“ am St. Marien-Hospital. Und gleichzeitig die Pagin der amtierenden Karnevalsprinzessin Lisa I.
Die tollen Tage nähern sich bekanntlich dem Höhepunkt, und so hat Cassandra Hrnecek – neben Klausuren und Unterricht und ihren Wechsel-Diensten auf der Station – gerade jetzt jede Menge Termine. „Es wird langsam stressig“, schmunzelt sie, berichtet vom vollen Terminplan, von wochenends vier, fünf Karnevalsterminen am Tag. Denn eine Pagin ist so eine Art Assistentin der karnevalistischen Hoheiten, gehört fest zum närrischen Hofstaat. Und ist immer da, wo das Mülheimer Prinzenpaar auch gerade ist.
Unterricht und Wechsel-Dienst
Dass Cassandra ihr forderndes Ehrenamt wahrnehmen kann, macht die Pflegeschule möglich, die es ihr etwa gestattet, ihre Dienste zu tauschen. Jürgen Ohms, Leiter Contilia Akademie, konnte sich zuvor nicht viel unter dem Amt einer Pagin vorstellen, als Cassandra zu Ausbildungsbeginn ihre „Doppelbelastung“ ankündigte. Das hat sich geändert, und der Schulleiter lobt das Engagement der Pflegeschülerin, die ihre beiden „Jobs“ so gut hinbekommt.
Für die Unterstützung bedankte sich das Stadtprinzenpaar Max I. und Lisa I. jetzt samt Hofstaat mit einem Besuch in der Krankenpflegeschule – wofür auch Cassandra mal kurz von der Pflegerkluft ins närrische Paginnen-Ornat wechselte.
Soloauftritte als Tanzmariechen
Cassandra Hrnecek wusste früh, dass der Dienst am Kranken, die Pflege, ihr Beruf werden könnte. „Ein Praktikum im Handel hat mir nicht gefallen“, schmunzelt sie. Nach ihrem Fachabi am Berufskolleg Stadtmitte und einem Praktikum im Krankenhaus hat sie sich dann an der Contilia Akademie beworben, und durfte am 1. Oktober 2014 mit der Ausbildung beginnen.
Der Karneval trat auch früh in ihr junges Leben: „Mit vier Jahren stand ich zum ersten Mal als Gardemädchen auf der Bühne“, erzählt sie. Zu ihrem Verein, KG Mölmsche Houltköpp, kam sie durch eine Tante, die die kleine Cassandra bei der Tanzgarde anmeldete. Zwei Jahre später folgten Soloauftritte als Tanzmariechen. Zwei-, dreimal pro Woche trainiert die 18-Jährige bis heute. Und seit 2012 trainiert sie selbst den jungen Tanznachwuchs in der Kindergarde: „Die Kleinste ist drei und die älteste elf.“
Ausbildung in Theorie und Praxis
Höhepunkt der Session ist natürlich der Rosenmontagszug. Diesmal wird Cassandra Hrnecek nicht wie sonst mit den Mädels der Tanzgarde als Fußtruppe zwischen den Wagen marschieren, sondern hoch auf dem Prinzenwagen mitfahren. Und schon einmal ein Gefühl dafür bekommen, wie das so ist, dem närrischen Volk zuzuwinken. Denn mit 18 steht einem die Welt offen – bei der beruflichen Laufbahn und natürlich auch bei der späteren karnevalistischen Karriere.
Die Contilia Akademie am St. Marien Hospital nimmt jedes Jahr 25 neue Pflegeschülerinnen und -schüler auf, die die dreijährige Ausbildung zum/zur „Gesundheits- und Krankenpfleger/in“ (wie Schwestern und Pfleger seit 2004 offiziell heißen) absolvieren. Die Ausbildungsvergütungen liegen, je nach Ausbildungsjahr, zwischen ca. 900 und 1200 Euro brutto. Derzeit laufen die Bewerbungsgespräche für das neue Ausbildungsjahr, das am 1. Oktober 2015 beginnt.
„Heute ist Pflege keine Einbahnstraße mehr“
„Wir laden 100 Bewerber ein, und sprechen mit jedem, mit jeder persönlich“, erklärt Jürgen Ohms, der Leiter der Contilia Akademie, der gerne mehr Schüler aufnehmen würde, weil er, wie er betont, bei den Bewerbungsgesprächen so viele geeignete junge Leute kennenlernt.
In jedem Jahrgang der dreijährigen Ausbildung in Theorie und Praxis sind maximal 25 Schülerinnen und Schüler, die nicht allein für den pflegerischen Nachwuchs der Contilia-Häuser in Mülheim und Essen ausgebildet werden. Unter den 75 Auszubildenden sind zwölf Männer. Fachoberschulreife oder Fachabitur sind die schulischen Voraussetzungen für die Ausbildung, es sind aber auch in jedem Jahrgang einige Abiturienten dabei.
„Heute ist Pflege keine Einbahnstraße mehr“, beschreibt Akademieleiter Jürgen Ohms die Chancen, die der Beruf bietet. „Es gibt viele Möglichkeiten, nach der Ausbildung weiterzumachen.“ Das gilt nicht nur für jene, die ein Medizinstudium dranhängen, obwohl sich einige dafür entscheiden, was Schulleiter Ohms in der Krankenhaus-Praxis sehr schätzt. „Ärzte, die zuvor eine Pflegeausbildung gemacht haben, haben einen ganz anderen Umgang mit den Patienten“, hat er beobachtet.