Mülheim. . Überraschende Wendung für die Eltern der Kinder, die das „Haus der kleinen Leute“ besuchen: Der integrative Betrieb wird eingestellt, ein neuer Träger für die Einrichtung wird händeringend gesucht.
Sie haben ihre Kinder ganz bewusst in eine evangelische Kindertagesstätte gegeben – weil sie dem evangelischen Glauben nahe stehen und die Werte schätzen, die dort vermittelt werden. Nun aber sind die Eltern, deren Töchter und Söhne das „Haus der kleinen Leute“ am Klöttschen besuchen, wie vor den Kopf gestoßen.
Am Montagabend hatte die evangelische Lukaskirchengemeinde der Elternschaft mitgeteilt, dass der Betrieb der integrativen Kita nicht auf Dauer gewährleistet werden könne. Außerdem will die Gemeinde die Trägerschaft der Kita abgeben, voraussichtlich zum Kindergartenjahr 2016/2017. Bereits ab dem kommenden Kindergartenjahr, das am 1. August beginnt, werde das „Haus der kleinen Leute“ als Regeleinrichtung weitergeführt.
Pfarrerin Gundula Zühlke bestätigt: „Wir schaffen die integrative Einrichtung ab und suchen einen neuen Träger. Das ist eine bittere Entscheidung, uns blutet das Herz, aber wir müssen sparen.“ Die evangelische Lukaskirchengemeinde müsse ihren Haushalt weiter konsolidieren, so die Pfarrerin.
Sparmaßnahmen innerhalb der Gemeinde
Die evangelische Lukaskirchengemeinde betreibt derzeit drei Kitas in Mülheim, 141 Kinder finden dort Platz: Neben dem „Haus der kleine Leute“ gehören das Familienzentrum „Kindergarten Kunterbunt“ in Dümpten und das Familienzentrum „Die kleinen Strolche“ in Styrum dazu.
Für den laufenden Betrieb bringe die Gemeinde jährlich 200 000 Euro an nicht refinanzierten Eigenmitteln auf. „Die Kosten für drei Kitas können wir auf Dauer nicht stemmen“, so Pfarrerin Zühlke. Von vielen Immobilien habe man sich zu Sparzwecken bereits getrennt.
„Das war ein totaler Schock“, sagt Britta Schwärzel, Mutter eines dreieinhalbjährigen Sohnes, der seit 2013 diese Einrichtung besucht. Dabei ist Britta Schwärzel zufrieden mit dem „Haus der kleinen Leute“, weiß ihren Bruno dort gut betreut. „Außerdem gefallen mir das integrative Konzept und die kleinen Gruppen.“ Jetzt aber befürchtet sie, dass sich das Konzept der Einrichtung grundlegend verändern könnte, wenn sie von einem anderen Träger übernommen wird. Dann fürchtet die Mutter, dass es etwa zu unüberschaubaren Gruppenstärken kommen wird, in denen ihr Sohn untergehen könnte.
Stadt könnte Kita übernehmen
Im Gespräch ist auch, dass die Stadt die Kita übernehmen könnte – immerhin liegt die städtische Tageseinrichtung „Fantadu“ an der Uhlandstraße direkt Zaun an Zaun mit dem „Haus der kleinen Leute“. Ingo Kandal, Vater eines zweieinhalbjährigen Sohnes, der einen Integrativ-Platz im „Haus der kleinen Leute“ hat, will bereits erfahren haben, dass die Stadt sehr interessiert sein soll an dem großen Grundstück, auf dem der evangelische Kindergarten steht. Stadtsprecher Volker Wiebels bestätigt: „Wir sind in engem Kontakt mit dem jetzigen Träger und suchen nun gemeinsam nach neuen Möglichkeiten.“
Überhaupt nicht einverstanden mit der anstehenden Veränderung ist Vater Ingo Kandal: „Das werden wir so nicht auf uns sitzen lassen und nun erstmal eine Unterschriftensammlung starten.“ Auch er sieht die Gefahr, dass sein Sohn auf der Strecke bleibt, wenn sich der Kurs der Einrichtung dreht, wenn es zu größeren Gruppen kommt und es weniger individuelle Förderung gibt. „Unser Sohn ist eher zurückhaltend, der braucht jemanden, der ihn an die Hand nimmt.“ Deshalb habe er sich gemeinsam mit seiner Frau bewusst für die konfessionelle Einrichtung entschieden – und fühlt sich jetzt allein gelassen. Die betroffenen Eltern Britta Schwärzel und Ingo Kandal sind sich einig: „Die Kirche lässt uns hängen – und die Leidtragenden sind neben den Mitarbeitern vor allem die Kinder.“