Mülheim. Die Mülheimer Montagsdemo gegen Hartz IV, Armut, Krieg und Umweltzerstörung findet seit über zehn Jahren vor dem Forum statt.
Am Anfang ging es ihnen nur um den Protest gegen die am 1. Januar 2005 eingeführte „Hartz IV“-Reform – mittlerweile geht es um viel mehr. Seit über zehn Jahren trifft sich die aktive „Montagsdemo“-Gruppe jede Woche um 17 Uhr auf dem Kurt-Schumacher-Platz, um – mit Banner und Mikrofon ausgestattet – ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen.
„Hartz IV ist und bleibt immer noch unser ursprüngliches Anliegen“, bekräftigt Ulrike Wester, Demonstrantin der ersten Stunde. „Aber wir sind auch schon gegen den Irak-Krieg auf die Straße gegangen und wenden uns jetzt gegen die Pegida-Bewegung.“ Zum einen hätten die sich an den Montagstermin gehängt und zum anderen müsse man ganz deutlich machen, das „wir mit denen nichts, aber auch gar nichts zu tun haben“, so die Mülheimerin.
Viele verstehen Slogan nicht mehr
Absicht der Hartz IV-Reform war gewesen, dass die Menschen mit dem Geld auskommen können. In Wirklichkeit gehe es ihnen aber schlechter als zuvor. „Ich war glücklicherweise nie selber betroffen, kenne aber vor allem Frauen, viele alleinerziehend“, so Ulrike Wester. Der Niedriglohnsektor sei mit Hartz IV erst eröffnet worden, wirft Jürgen Wester ein. Den Slogan „Weg mit Hartz IV“ verstünden viele Leute heute nicht mehr. Es sei geplant, das Banner zu ändern.
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Sabine Schweizerhof moderiert den Bürgerprotest, beginnt mit einer Schweigeminute. „Wir verurteilen die abscheulichen Attentate in Frankreich“, sagt sie, und spricht „Pegida jegliches Recht ab, diese Morde als Argumente für ihre Bewegung zu nutzen“. Sie ruft die Menschen auf, an der Demo in Essen kommenden Sonntag teilzunehmen, äußert sich gegen eine Verschärfung des Asylrechts, plädiert mit Nachdruck für die Bekämpfung der Ursachen für die Flucht der Menschen aus ihren Heimatländern. Sie freut sich über die Welle der Mülheimer Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge und bittet nach dieser Einleitung die umstehenden Menschen um ihre Meinungen und Kommentare.
Trotz eisigen Windes sind auch diesmal rund 15 Menschen gekommen. Zwei Mädchen halten „Ich bin Charlie“-Schilder vor ihrer Brust und erklären, dass sie in ihrer Realschulklasse ein großes Plakat gestaltet hätten. Die Zuhörer applaudieren. Hin und wieder bleibt ein Passant stehen, hört einige Minuten zu. Ein aufgeregter Mann beklagt, dass seine Rente nach 40 Jahren Arbeit nicht zum Leben reiche. Eine Frau türkischer Herkunft spricht über eingeschränkte Pressefreiheit in der Türkei. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, sagt sie. Nach einer Stunde endet die wöchentliche Demo, es scheint für den Moment alles gesagt. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagt Sabine Schweizerhof und versichert: „Wir sind hier bis zum Ende von Hartz IV.“