Mülheim. Wenn der geschützte Sumpfvogel umgezogen ist, können die Renaturierungsarbeiten am Borbecker Mühlenbach auf Mülheimer Gebiet beginnen.
Die Emschergenossenschaft, die vor 115 Jahren gegründet wurde, wird mit ihrem Milliardenprojekt der Emscher-Renaturierung auch in Mülheim aktiv. Denn der Borbecker Mühlenbach verläuft einige hundert Meter über Mülheimer Stadtgebiet.
Seit 2009 wurde das Gewässer, das zuvor offen in Betonschalen verlaufender Teil des Abwassersystems war, im Volksmund „Köttelbecke“ genannt, zu einem naturnahen Gewässer umgebaut. Entlang des Gruga-Radwegs, der auf der alten Güterbahntrasse von Heißen zur Gruga in Essen (und dann nach Essen-Steele) führt, kann man auf Essener Gebiet schon gut sehen, wie es später auch in Mülheim aussehen wird: Das Abwasser verläuft unsichtbar unter der Erde, oben fließt der renaturierte Bach. Auch Mülheim wird so einmal – im Bereich Heimaterde/Essen-Frohnhausen – ein Stück Natur zurückbekommen.
Wasserralle fühlt sich im Sumpf wohl
„Der Oberlauf des Mühlenbachs ist umgebaut bis zur A 40“, sagt Ilias Abawi, ein Sprecher der Emschergenossenschaft. Auf Mülheimer Gebiet wird unter anderem ein 9500 m3 großes unterirdisches Regenüberlaufbecken am Frohnhauser Weg auf einer ehemaligen Pferdewiese entstehen, dessen Bau ursprünglich schon im vergangenen Jahr beginnen sollte.
Umbau des Emschersystems kostet 4,5 Milliarden Euro
Die Emschergenossenschaft – auch Mülheim ist Mitglied – wurde im Dezember 1899 gegründet, um städteübergreifend das Abwasserproblem zu bewältigen. Die Emscher und ihre Nebenflüsse wurden zur Abwasserrinne.
Seit 1992 wird die Emscher renaturiert: Seit der Nordwanderung des Bergbaus sind unterirdische Abwasserkanäle möglich. Die Gewässer werden abwasserfrei. Der 4,5 Mrd. € teure Umbau der Emscher soll bis 2020 fertig sein. Der Emscher-Oberlauf samt Nebenflüssen ist in Dortmund seit 2010 auf 24 km renaturiert.
Doch die scheue Wasserralle, die zu den gefährdeten Vogelarten gehört, wurde genau dort nachgewiesen. Inzwischen wurde jedoch eine Ausweichfläche gefunden, die sich nur rund einen Kilometer weit entfernt im Bereich des Winkhauser Tals befindet. „Wir müssen es hinkriegen, dass der Vogel das auch annimmt“, so Abawi. Die scheue Wasserralle fühlt sich in Sumpfgebieten besonders wohl, und so wird die ausgesuchte Fläche bis Ende Februar noch „aufgehübscht“, etwa mit Schilf-Anpflanzungen.
Genehmigungsverfahren läuft noch
Wenn die Biologische Station die Wasserralle dort nachweisen kann, kann es mit dem Umbau losgehen, so Abawi. Zeit verloren hätte die Emschergenossenschaft allerdings nicht: „Das ist nicht so tragisch, dann arbeiten wir eben an anderer Stelle weiter.“ Die Emscher und ihre Nebengewässer – der Borbecker Mühlenbach fließt in die Berne und diese wiederum mündet in die Emscher – seien ja als Gesamtsystem zu betrachten. Zudem laufe für das geplante Hochwasserrückhaltebecken (auf Essener Gebiet), das zum Umbau auf Mülheimer Gebiet gehört, auch noch das Genehmigungsverfahren.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts waren aufgrund der Bergsenkungen wegen des Kohleabbaus keine unterirdischen Abwasserkanäle möglich. Das Emscher-System wurde daher zu einem Netz offener Schmutzwasserläufe umgebaut. So fließen die Abwässer aus dem Rhein-Ruhr-Zentrum und den umliegenden Straßen über den noch nicht renaturieren Mühlenbach ins Abwassersystem und werden letztlich erst in der Kläranlage an der Emschermündung in Dinslaken gereinigt, erklärte Ilias Abawi.