Mülheim. . Ein Jahr lang hatte Mülheims Stadtspitze mit dem umstrittenen Schrottbetrieb Jost über einen Umzug an den Südhafen verhandelt. Jetzt steht das Ergebnis fest.
Aufatmen in den Speldorfer Wohngebieten rund um die Weseler Straße: Der Stadtrat hat am Mittwochabend in nichtöffentlicher Sitzung seinen Segen für einen über Monate von der Stadtspitze ausgeheckten Grundstückshandel mit dem schrottverarbeitenden Betrieb der Jost Holding gegeben. Damit ist der Weg frei für eine Verlagerung des wegen seiner schwermetallhaltigen Lufteinträge seit Jahrzehnten von Anwohnern kritisch beäugten Betriebs an die Timmerhellstraße.
Seit Anfang des Jahres schon hat die Stadt mit Jost über die Betriebsverlagerung verhandelt, aktuell hat Jost schon Teile seines Betriebs an die Timmerhellstraße verlagert. Aus dem Mietverhältnis mit der Stadt soll zum Jahreswechsel nun ein langfristiger Erbpachtvertrag für die rund 68.000 Quadratmeter große Fläche mit Hafenanschluss werden, auf der bis Ende Mai die Interseroh-Nachfolgerin TSR Rhein-Ruhr Schrottverarbeitung betrieb. Nach Information der WAZ ist für das städtische Areal ein Vertrag über 40 Jahre mit Jost ausgehandelt – mit der Option, dreimal um weitere zehn Jahre zu verlängern.
Eintrag im Grundbuch schließt Schrottplatz-Betrieb künftig aus
Bestandteil des Deals sind des Weiteren Vereinbarungen zur künftigen Nutzung des bestehenden Jost-Areals an der Weseler Straße, zwischen Schauenburg und Wohnsiedlung an der Hofackerstraße. So soll in Kürze notariell festgestellt werden, dass Jost auf seinem Grundstück künftig den Betrieb eines Fallwerkes und einer Schrottzerkleinerung ausschließt. Zusätzlich abgesichert werden soll dies durch eine Eintragung ins Grundbuch.
Zufrieden, aber. . .
Es war das Jahr 1957, als Horst Buchmüller zum ersten Mal initiativ wurde, um sich als Anwohner der Hofackerstraße gegen die Umweltbelastungen zu wehren, die von der benachbarten Schrottverarbeitung an der Weseler Straße bis zuletzt ausgingen. 57 Jahre später sieht Buchmüller nun den Zeitpunkt gekommen, um zum Jahresende den Korken einer Flasche mit gutem Tropfen knallen zu lassen. Natürlich sei die Verlagerung des Jost-Betriebs nach jahrzehntelangem Kampf ein Grund zur Freude und ein Anlass, einen Schlussstrich zu ziehen. So ganz zufrieden ist Buchmüller aber immer noch nicht. . .
Der Speldorfer sieht auch bei einer Verlagerung noch Fragen offen, die das nun für die Überwachung zuständige Mülheimer Umweltamt noch zu beantworten habe. Denn auch nach dem Umzug ist die Schrottverarbeitung samt der Schwermetallbelastung nicht aus der (Speldorfer) Welt. Buchmüller sieht immer noch reichlich Wohnbebauung in einem Umkreis von 500 Metern. Für Anwohner der Hansa- und der Lutherstraße sei der Jost-Betrieb künftig gar noch näher als bislang.
Es sei vom Amt aufzuzeigen, mit welchen Konzessionen und mit welchen Auflagen Jost an neuer Wirkungsstätte hantieren könne. Das seit den 70er-Jahren als Schrottplatz genutzte Areal am Südhafen sei „im Zustand finsterstes Mittelalter“, fragt Buchmüller, ob Jost dort auch etwa die Auflagen bekomme, Betriebsfläche zu versiegeln, Sprühanlagen und Nasskehrmaschinen vorzuhalten oder einen Ölabscheider. Kann Jost am Hafen seine umfangreichen Erweiterungen umsetzen, die ihm an der Weseler Straße verwehrt wurden? So ganz kann Buchmüller noch keine Ruhe finden. . .
Sobald Jost seinen Schrottbetrieb an die Timmerhellstraße verlagert hat, soll damit an der Weseler Straße eine Schrottverarbeitung ausgeschlossen sein. Wie berichtet, strebt die Wirtschaftsförderung Mülheim & Business an, Jost einen oder mehrere Nachnutzer für dessen Fläche an der Weseler Straße zu vermitteln, der mit wohnverträglichem Gewerbe sein Geld verdient.
Umzug soll bis Sommer 2015 vonstatten gehen
Jost wird mit seinem Umzug zum am Südhafen nicht nur den Streit mit der Nachbarschaft an der Hofackerstraße befrieden können. Er wird dort auch eine deutlich bessere Infrastruktur vorfinden. Das Erbpachtgrundstück verfügt an zwei Seiten über einen jeweils zweigleisigen Bahnanschluss und ist auf 285 Metern Kaimauerlänge direkt an die Wasserstraße angebunden. Das Grundstück ist zudem groß genug, dass Erweiterungsmöglichkeiten für Jost bestehen, die es am bisherigen Standort nicht gab. Der vollständige Jost-Umzug soll, so heißt es, im ersten Halbjahr 2015 über die Bühne gehen.
„Die OB freut sich, dass es funktioniert hat und eine Beruhigung für die Nachbarschaft an der Weseler Straße eintritt“, hieß es gestern aus der Stadtpressestelle.