Mülheim. . Es gibt zum Mülheimer Ringlokschuppen Sympathie- und Solidaritätsbekundungen, aber es wächst auch die Kritik an Kultur ohne Rücksicht auf Verluste.
Mit 200.000 Euro – von insgesamt 400.000 Euro – steht der Ringlokschuppen bei der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) in der Kreide und reißt bei der Stadttochter ein großes Loch. Es sind nicht gezahlte Mieten für den Schuppen und die Stadthalle, die dort über Monate aufgelaufen sind. Bei der MST ist man nicht gut auf die bisherigen Macher im Ringlokschuppen zu sprechen. „Es ist nicht das erste Mal, dass wir unserem Geld hinterherlaufen müssen“, kritisiert MST-Chefin Inge Kammerichs.
Mehrfach habe sie die Leitung des Ringlokschuppen aufgefordert, die Mieten zu zahlen. „Ich habe denen auf die Füße getreten, manche meinen aber, sie bräuchten nicht zu zahlen.“ Deutlicher Ärger spricht aus diesen Worten, denn die MST wird im Gegensatz zum Ringlokschuppen von der Politik streng überwacht und muss sich stets rechtfertigen für ihre Defizite. Die MST unternimmt seit Jahren große Anstrengungen, um trotz eines schrumpfenden Jahresetats das Ergebnis zu steigern, was ihr gelingt.
Zukunft des Gebäudes fraglich
Das Gebäude Ringlokschuppen gehört wie der Wasserturm, das Schloß Styrum, das Schloß Broich und die Stadthalle der MST, die dort immer wieder in den Bestand investiert hat, allein 100.000 Euro zuletzt in neue WC-Anlagen im Ringlokschuppen. Das Gebäude, heißt es, befinde sich in einem guten Zustand. Was dort in Zukunft stattfindet, ist jedoch fraglich.
Nachdem die Geschäftsführung des Ringlokschuppen das Finanzdesaster offenbart hatte, hat die MST-Chefin den Vorverkauf für die Ringlokschuppen-Reihe eingestellt. „Die Stadthalle gibt es künftig nur noch gegen Vorkasse“, betont Inge Kammerichs.
Das durch den Ringlokschuppen entstandene Finanzloch bei der MST muss die Städtische Beteiligungsholding, unter deren Dach sich alle Stadttöchter befinden, ausgleichen. Kann die Beteiligungsholding, die sich unter anderem auch mit dem 34 Millionen-Euro-Defizit der MVG abmüht, nicht ausgleichen, muss die Stadt einspringen, so ist es vertraglich geregelt. In jedem Fall bleibt also die Stadt auf einem Schaden sitzen.
Politik muss Antwort finden
Während es auf der einen Seite Sympathie- und Solidaritätsbekundungen für den Ringlokschuppen gibt, werden andere in ihrer Kritik zunehmend deutlich und sprechen von einem höchst riskanten kaufmännischen Arbeiten. Wie extrem im Ringlokschuppen gewirtschaftet wurde, macht ein führendes Mitglied der Stadt daran deutlich, dass bei manchen Veranstaltungen die einzelne Karte über 500 Euro hätte kosten müssen, um die Kosten bei den wenigen Zuschauern zu decken. „Auch alternative Theater müssen sich am Erfolg orientieren“, heißt es dazu. Dass auch Kultur mit Zuschüssen und Fördergeldern verantwortungsvoll und erfolgreich wirtschaften kann, zeigt aus Sicht vieler Kulturschaffender das Theater an der Ruhr.
Welle der Solidarität für die Weiterarbeit
Eine Welle von Solidaritätsbekundungen überrollt den Ringlokschuppen derzeit. So appelliert die Theaterformation „Friedly fire“ aus Leipzig in einem langen Brief:
„Wir hoffen, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger auf allen Ebenen bewusst sind, dass der Ringlokschuppen eine einmalig profilierte, notwendige und zukunftsfähige, weil Zukunft mit ermöglichende Institution, darstellt. Die Arbeit des Ringlokschuppens muss weitergehen“.
Die Politik, die derzeit in den Problemen der städtischen Haushaltsmisere versinkt, muss nun auch auf das Ringlokschuppen-Desaster eine Antwort finden. Die Reaktionen sind zögerlich. Joachim Hoffmann, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, erklärte: „Die FDP hat schon in der letzten Wahlperiode als einzige Fraktion bei der Vorstellung der Kultur-im- Ringlokschuppen-Bilanzen auf eine mögliche Insolvenz hingewiesen.“ Mülheim leistet sich aus Sicht der FDP eine vielfältige und breit gefächerte Kulturlandschaft, die in ihrer jetzigen Organisation „zu kompliziert und teuer ist.“ Die FDP schlägt vor, dass Ringlokschuppen und Theater an der Ruhr gemeinsam ein Kulturangebot organisieren.