Mülheim. . Kumaraguru Balamurali (51) ist dem Bürgerkrieg in Sri Lanka vor 25 Jahren entkommen. In Mülheim macht der Musiker seine heimische Kultur lebendig.

Es gibt kaum eine tamilische Hochzeit, ein tamilisches Fest im Ruhrgebiet, auf dem Kumaraguru Balamurali nicht auftritt. Nichts ist dem 51-Jährigen wichtiger, als die tamilische Kultur mitzugestalten. Da die Tamilen – eine weitestgehend hinduistische Volksgruppe, die vor allem in Sri Lanka heimisch ist – von 1983 bis 2009 einen Unabhängigkeitskrieg gegen die sri-lankische Regierung führten, fanden auch friedliche Tamilen in ihrer Heimat kaum Freiraum zum Ausleben ihrer Kultur. Besonders Balamurali nicht.

Als Sohn eines bekannten tamilischen Musikers kannte man ihn. In der Öffentlichkeit als Musiker aufzutreten, war für ihn gefährlich. Die ersten Jahre des Bürgerkriegs verbrachte Balamurali noch in Indien, dort studierte er südindische Klassik. 1989, im Jahr seiner Rückkehr nach Sri Lanka, entschied sich der frisch gebackene Vater jedoch zur Flucht. In so einem Land sollte seine Tochter nicht aufwachsen.

Von Bergheim nach Mülheim

Per Flugzeug kam Kumaraguru Balamurali von der sri-lankischen Hauptstadt Colombo zur damaligen Tschechoslowakei. Bekannte brachten ihn und seine Familie dann mit dem Auto nach Deutschland. „Ich hatte es erst überhaupt nicht realisiert, hier zu sein“, erinnert er sich

Seine ersten zwölf Jahre in Deutschland verbrachte Kumaraguru Balamurali in Kölns Nachbarstädtchen Bergheim, vier Jahre davon in einem Flüchtlingsheim. „Die ganzen vier Jahre über konnte ich nichts tun“, sagt er – außer Musik zu machen. Um die anderen Heimbewohner nicht zu stören, übte Balamurali jeden Tag im Keller des Heimes an seinem Nadaswaram, einer in Südindien verbreiteten Oboe.

Aber Treffpunkte für Tamilen waren in Bergheim rar. Im Jahr 2003 zogen die Balamuralis – die inzwischen zu fünft waren – nach Mülheim. „Hier ist man umgeben von tamilischen Tempeln“, sagt der dreifache Vater Balamurali. Zwar hat es in Mülheim immer nur einen tamilischen Tempel gegeben – früher auf der Aktienstraße, heute nahe des Bahnhofs Styrum – aber tamilische Vereine seien generell sehr aktiv im Ruhrgebiet, egal ob in Dortmund, Essen oder in Duisburg. Mülheim habe da die Rolle als kultureller Knotenpunkt.

Weltweit unterwegs

Balamurali ist aber nicht nur im Ruhrgebiet als Musiker aktiv, er ist ein Weltenbummler. Mit seiner traditionellen Band spielte er schon in Dänemark, den USA, Malaysia oder Italien. Er war in der Expo in Hannover oder auf dem World Cultural Festival in Berlin. Im Winter hat er wenige Auftritte, im Sommer so viele, dass das Geld für die Winterpause reicht.

Aber auch, wenn er so viel herum kommt: In Sri Lanka würde Balamurali nicht gerne auftreten. Zwar ist der Krieg vorbei, aber die Gesellschaft seiner Heimat habe sich sehr zum Negativen verändert, sagt er. „Die Tamilen dort denken, wir hätten sie im Stich gelassen.“ Früher seien die Leute sehr gesittet gewesen, es galt: „Wenn dich jemand beim Rauchen erwischt, findest du keinen zum Heiraten.“ Heute seien viele unfreundlich, man habe keinen Respekt mehr voneinander, erzählt Balamurali, der erst in diesem Jahr kurz in Sri Lanka war.

In Mülheim dagegen habe Balamurali alles, was er braucht – nur wünscht er sich, auch mal mit einer deutschen Band zusammenzuarbeiten. Zwar sei er sehr offen zu jedem, verbringe aber vor allem Zeit mit anderen Tamilen. „Deswegen wäre so etwas mal sehr interessant“, sagt er.

Interkulturellen Austausch schreibt Kumaraguru Balamurali generell sehr groß. Weil der Vater seiner Frau katholisch ist, geht er fast jeden Sonntag in die Kirche – er würde gerne auch mal einen deutschen Christen in einem tamilischen Tempel empfangen.