Mülheim. . Die neue Leitung des Seniorenzentrums will neben Altenpflege weitere Schwerpunkte schaffen wie Behindertenbetreuung und Palliativpflege.
Im Seniorenzentrum Bonifatius, das wegen dokumentierter Missstände stark in der Kritik stand, herrscht Aufbruchstimmung. Zum 1. November hat ein neuer Einrichtungsleiter das Haus an der Hingbergstraße übernommen: Peter Hunz, zuvor als Regionalleiter bei den Marseille-Kliniken tätig.
„Es ist eine richtige Herausforderung“, sagt der 58-Jährige Pflegemanager. Eine schwierige Aufgabe, von der ihm Kollegen abgeraten hätten. Schließlich ist bekannt, dass über die Einrichtung im Frühsommer 2014 ein vierwöchiger Belegungsstopp verhängt worden war, nachdem der MDK Mängel in der Pflege und Dokumentation festgestellt hatten.
Zeitgleich mit Hunz begann ein neuer Pflegedienstleiter: Predrag Antunovic, der nach eigener Auskunft damals den Wohnpark Dimbeck mit aufbaute und jahrelang in ambulanten wie stationären Einrichtungen der Contilia-Gruppe tätig war. Auch zu schwierigen Einsätzen habe man ihn gerufen. Noch vakant ist die stellvertretende Pflegedienstleitung: „Wir brauchen diese Stelle“, sagt Hunz, „sonst geht es gar nicht.“ Wie sich zeigte . . . Auch eine Wohnbereichsleitung müsse „dringend“ besetzt werden.
Heimleitung hat Nachprüfung beantragt
Als es im Juni richtig heikel wurde im Bonifatius-Heim, schickte der Betreiber Maternus GmbH eine interne Task Force: vier Fachkräfte, teils in leitender Position, die nach wie vor im Haus sind. „Das möchte ich auch beibehalten“, sagt Peter Hunz. Zwar hat er erst vor einem Monat sein Büro bezogen, kann aber schon einige Eckpunkte nennen, wie er das Haus in Schuss bringen möchte. Etwa: „Der Umgangston muss und wird sich ändern.“
Viel Nachholbedarf sieht er beim Personal. Zum einen dringt Hunz auf Besetzung der genannten Leitungspositionen, zum anderen stimme auch die Altersstruktur nicht. 1994 wurde das Bonifatius-Heim eröffnet, vor wenigen Wochen feierten gleich 36 Mitarbeiter zum Teil langjährige Dienstjubiläen. Altgediente Kräfte zu haben, spreche sicher nicht gegen einen Betrieb, meint Hunz, sofern es auf der anderen Seite auch genügend Nachwuchs gebe. Dies sei versäumt worden. „Wir wollen ab April 2015 wieder ausbilden“, erklärt der Einrichtungsleiter. Derzeit hätten sie keine Azubis, „das finde ich fatal“. Künftig sollen pro Halbjahr fünf junge Leute anfangen. Dass es zugleich Nachschulungen für Mentoren geben soll, sagt der Einrichtungsleiter zu.
Letzteres ist für Betriebsratsvorsitzende Christel Birkenkamp unabdingbar, die erklärt: „Auch wir sind für Azubis, aber sie dürfen nicht, wie früher, nur als billige Arbeitskräfte benutzt und auf Wohnbereichen alleine gelassen werden.“ Außerdem bräuchten die jungen Leute eine berufliche Perspektive: „Die letzten Azubis, die 2013 fertig wurden, hat man nicht übernommen.“
Ob es nach wie vor personelle Überhänge im Haus gibt, wie die Maternus GmbH behauptet, will Peter Hunz prüfen. Langfristig gedenkt er, das Haus breiter aufzustellen, mit zusätzlichen Schwerpunkten wie Behindertenbetreuung oder Palliativpflege. „Nur mit dem Standbein Altenpflege kommt man heutzutage nicht mehr weit. Das macht doch jeder.“
MDK für 2015 angekündigt
Viele machen es nachweislich gut, Bonifatius möchte und muss besser werden. Pflegedienstleiter Predrag Antunovic sieht das Haus auf dem richtigen Weg und schließt mit einem Lob: „Es gibt hier schon sehr gute Pflege im Haus und das Qualitätsmanagement funktioniert auch.“ Neues Vertrauen müsse man aufbauen, nach innen und außen.
Im Seniorenzentrum Bonifatius wird damit gerechnet, dass bald wieder Fachleute vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung das Haus in Augenschein nehmen.
„Wir erwarten noch in diesem Monat den MDK“, erklären Einrichtungsleiter Peter Hunz und Pflegedienstleiter Predrag Antunovic. Man habe eine Nachprüfung beantragt, um zu klären, ob der auferlegte Maßnahmenkatalog tatsächlich abgearbeitet wurde. Dieser resultierte aus einer Kontrolle durch den Medizinischen Dienst Mitte Juni, die diverse Pflegemängel ans Licht gebracht hatte.
Bei der Knappschaft Bochum, in deren Auftrag der MDK Nordrhein tätig ist, war bis Donnerstag zwar noch kein entsprechender Antrag eingegangen. Eine Sprecherin bestätigte aber, man stehe „in engem Kontakt“ mit dem Bonifatius-Haus. Voraussichtlich im ersten Quartal 2015 werde der MDK erneut prüfen. Genaue Termine werden naturgemäß nicht genannt.
Vierwöchiger Belegungsstopp
Eine „engmaschige Überwachung“ der Pflegeeinrichtung kündigte auch die Stadt Mülheim wiederholt an. Nach offiziellem Bericht war die Heimaufsicht von 2012 bis zum Sommer 2014 insgesamt acht Mal vor Ort. Die letzte unangemeldete Prüfung erfolgte im vergangenen Juli und führte zur Aufhebung des vierwöchigen Belegungsstopps.
In der nächsten Woche will sich die neue Einrichtungsleitung bei der städtischen Heimaufsicht vorstellen und ihre Perspektiven darlegen. Derzeit sind nach Angaben von Peter Hunz 159 der insgesamt 283 Betten im Haus belegt.