Mülheim. Fürs Engagement im Seniorenheim Haus Ruhrgarten erhielten die Grünen Damen den Hoffnungspreis. Die Leiterin gewährt einen Einblick ins tägliche Tun.
Ich habe Zeit zu verschenken: Wer kann – und will – das heutzutage noch von sich behaupten? Einige wenige Menschen tun es, darunter die Grünen Damen des Hauses Ruhrgarten an der Mendener Straße. Für ihre ehrenamtliche, aufopfernde Arbeit mit den Bewohnern des Pflegeheims haben die 30 Frauen und zwei Männer am Montagabend beim Neujahrsempfang des Kirchenkreises An der Ruhr den 16. Hoffnungspreis erhalten (wir berichteten). „Das war eine schöne Überraschung“, sagt Teamleiterin Ingeborg Hufschmidt am Tag danach, „wir sind überglücklich.“
Seit nunmehr zwölf Jahren steht Hufschmidt der bereits 1975 gegründeten Gruppe der Grünen Damen vor. Ende des Jahres allerdings wird die 74-Jährige ihrer Kollegin Annette Rex den Vortritt lassen. Dann darf diese das Team zusammenhalten, Dienstpläne schreiben, Kolleginnen einarbeiten, Weiterbildungsmaßnahmen organisieren, die Weihnachtsfeier vorbereiten. . .
Ganz aufhören aber will Hufschmidt auch dann nicht, „das geht überhaupt nicht nach so langer Zeit“. Denn in den 28 Jahren, in denen sie Woche für Woche für mindestens fünf Stunden in den berühmten grünen Kittel schlüpft, hat sie unzählige wertvolle Kontakte geknüpft, unendlich schöne Begegnungen gehabt. „Diese Aufgabe ist eine große Bereicherung in meinem Leben“, schwärmt Hufschmidt. „Mir geht es gut – und auf diese Weise kann ich etwas zurückgeben an Menschen, denen es nicht so gut geht.“ Schon in ihrem Elternhaus habe sie gelernt, dass Hilfe für andere ein hohes Gut ist.
Der Weg Richtung dauerhaftem Ehrenamt war geebnet
Hufschmidt stammt aus Nienburg und fand über ihren Ehemann den Weg nach Mülheim. Die einstige Sekretärin hat eine Tochter und zwei Enkelkinder. Eine Begegnung im Garten ihres Hauses in Broich, in dem früher auch die Schwiegereltern lebten, stand ganz am Anfang des ehrenamtlichen Engagements: Anfang der 80er begegnete Hufschmidt Anni Nickels, einer Frau Mitte 40, die an einer Muskellähmung litt und deshalb schon ungewöhnlich früh – gemeinsam mit ihrer Mutter – ins Haus Ruhrgarten eingezogen war. Die Schwiegereltern nun, die dort zu den allerersten Grünen Damen und Herren gehörten, hatten Anni Nickels eingeladen – und so traf sie auf die gleichaltrige Ingeborg. Eine enge Beziehung entstand, und Ingeborg betreute die schwerkranke Frau über Jahre. Dabei habe sie festgestellt, so Hufschmidt heute, „wie hilfreich und nötig Menschen sind, die sich für andere im Heim einsetzen“. Der Weg Richtung dauerhaftem Ehrenamt war also geebnet.
Heute arbeitet Ingeborg Hufschmidt vor allem mit Bewohnern, die an Demenz erkrankt sind, rätselt und singt mit ihnen, lässt sie aus der Vergangenheit erzählen. Die Kollegen haben andere Aufgaben, bringen sich je nach Neigung ein. Man habe im Team „eine wunderbare Atmosphäre“, sagt Hufschmidt. „Doch es wäre gut, wenn wir uns etwas verjüngen könnten.“ Wer also mitmachen möchte bei den preisgekrönten Damen, kann sich melden unter 99 51 30.
„Überall gegen Rassismus wehren“
Von Ella Brauns 39 Verwandten, die von den Nazis deportiert worden sind, haben nur zwölf den Holocaust überlebt. Verfolgt wurde die Familie, weil sie zu den Sinti gehört. Was dies auch noch Jahre nach dem Krieg bedeuten konnte, schilderte die frühere Saarnerin beim Neujahrsempfang. „Ich habe immer am Rand der Gesellschaft gelebt und als Kind sehr unter der Ausgrenzung gelitten.“ Sie habe zwar die Klostermarktschule besucht, „doch Freunde hatte ich nie“. Ella Braun bat alle Menschen im Saal, sich gegen Rassismus aufzulehnen. „Wir haben so viele Möglichkeiten, uns zu wehren.“
Wie es zu Ausgrenzung kommen kann und welche Macht Bilder dabei haben können, veranschaulichte Dr. Frank Reuter im Festvortrag. Der Historiker vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma zeigte alte Fotos, die einzig und allein dazu dienten, das Bild des „Zigeuners“ aufrechtzuerhalten, mit der stets gleichen, verheerenden Botschaft: Diese Menschen leben zivilisationsfern, barbarisch. Selten habe es sachliche Darstellungen gegeben. „Otto Pankok war einer der ersten, der sie nicht als reine Ausbeutungsobjekte gesehen hat. Er ist ihnen auf Augenhöhe begegnet.“