Moers/Duisburg. Vor dem Duisburger Landgericht ist im Moerser Raser-Prozess das Urteil gefallen. Es geht um das tödliche Rennen Ostermontag 2019 in Meerbeck.
Im Moerser Raser-Prozess ist am Montag das Urteil gefallen. Das Duisburger Landgericht verurteilte den Angeklagten Kushtrim H. in der zweiten Revision zu fünf Jahren Haft wegen unerlaubten Autorennens mit Todesfolge. Damit hat sich das Gericht festgelegt, dass es sich nicht um einen bedingten Todesvorsatz gehandelt hatte. Diese Frage war noch am letzten Verhandlungstag im September offengeblieben, weshalb das Urteil verschoben worden war.
Die Kammer argumentiert in ihrer Urteilsverkündung, dass es sich bei dem illegalen Autorennen zwischen H. und einem Freund zwar um eine „höchstgefährliche Sache“ gehandelt habe. Dennoch sieht die Kammer darin „ein Geschehen, das nicht von vornherein die Schädigung eines anderen Menschen zum Gegenstand hatte“. Am Abend des Ostermontags 2019 hatte der führerscheinlose Duisburger den geleasten Mercedes AMG seines Bruders auf der linken Spur der Bismarckstraße auf 167 Stundenkilometer beschleunigt. Trotz Vollbremsung und Ausweichmanöver raste er noch mit 105 km/h in das Fahrzeug einer unbeteiligten Moerserin. Diese verstarb in der Folge.
Moerser Raserprozess: Staatsanwaltschaft hatte lebenslängliche Freiheitsstrafe gefordert
Der Vorsitzende Richter Mario Plein betonte, dass der Moerser Fall, „so bedauerlich und tragisch er ist“, von Vergleichsfällen mit deutlich längerem Rennverlauf deutlich abweiche. Schon nach wenigen Sekunden war es zur Kollision an der Kreuzung zwischen der Bismarckstraße und der Donaustraße gekommen, aus der die Moerserin auf die Vorfahrtsstraße abbog. Auch das Teilgeständnis sowie das reuige Auftreten wertete die Kammer zugunsten des Angeklagten. Dieser hatte kurz vor dem Abschluss des Verfahrens mit Tränen in den Augen verkündet, er würde sich gern bei den Angehörigen des Opfers entschuldigen und sich wünschen, er wäre statt der Ehefrau und zweifachen Mutter gestorben. Die Familie der Verstorbenen blieb dem Verfahren wie schon bei den ersten zwei Verhandlungsrunden vor dem Landgericht Kleve fern.
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Bevor sich die Kammer am Montagnachmittag für die Urteilsfindung zurückzog, hatten die Ankläger und die Verteidigung des Angeklagten ihre Plädoyers mit weit auseinandergehenden Strafrahmen gehalten. Die Staatsanwaltschaft und der Anwalt in Vertretung der Angehörigen hatten eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert. Der Unfallfahrer habe die Todesfolge billigend in Kauf genommen und durchweg – von der bewussten Wahl eines Wohngebietes als Rennstrecke bis zu seiner Flucht und dem tagelangen Untertauchen nach der Tat – gleichgültig agiert. „Wie viel mehr Schuld kann man auf sich nehmen?“, fragte etwa der Rechtsanwalt, der die Angehörigen des Unfallopfers als Nebenkläger vertrat.
Urteil im Moerser Raserprozess: Täter noch auf freiem Fuß – weitere Revision möglich
Die Verteidigung des Angeklagten hatte hingegen auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren allein wegen fahrlässiger Tötung plädiert. Sie verneinte sowohl den bedingten Tötungsvorsatz, der für die Verurteilung wegen Mordes entscheidend ist, als auch den Gefährdungsvorsatz. „Es muss dabei bleiben, dass Kushtrim H. zwar den Tod eines Menschen verursacht hat, aber kein Mörder ist“, lautete der Appell seiner Anwältin.
Mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren wählte die Kammer ein mittleres Strafmaß. Der vorgegebene Rahmen bei einem illegalen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge sieht eine Haftstrafe zwischen einem und zehn Jahren vor. Da die bereits abgesessene Zeit in Untersuchungshaft angerechnet wird, wird der Angeklagte etwa die Hälfte der im Urteil verkündeten Strafzeit im Gefängnis verbringen. Das Duisburger Landgericht verließ Kushtrim H. zunächst auf freiem Fuß, er wird zeitnah zum Strafvollzug geladen werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Urteil rechtskräftig wird. Staatsanwaltschaft und die Vertretung der Nebenklage wollten eine erneute, dann dritte Revision unmittelbar nach Urteilsverkündung vorbehaltlich weiterer Prüfungen nicht ausschließen.
Moerser Raserprozess: BGH kassierte die ersten beiden Urteile des Landgerichts Kleve
Eigentlich sollte im Moerser Raserprozess das Urteil schon im September fallen. Doch am dritten Verhandlungstag fehlte der Kammer offenbar ein ergänzendes Gutachten aus dem Jahr 2019. Dieses sollte zur Klärung der Frage des Vorsitzenden Richters Mario Plein beitragen, ob es dem Unfallfahrer vor der Kollision möglich gewesen wäre, die linke Spur noch rechtzeitig zu verlassen.
Weiteres Hindernis für die Urteilsfindung im September: Der als Zeuge geladene Dekra-Sachverständige konnte keine der Fragen beantworten, die ihm die Kammer im Vorfeld des dritten Verhandlungstages zugesendet hatte. Dabei ging es um eine Bewertung der Einsehbarkeit des weiteren Straßenverlaufs hinter der Unfallstelle an der Ecke Bismarckstraße/Donaustraße. Diese erachtet die Kammer als entscheidend für die Beurteilung eines Vorsatzes.
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Nach zweimaliger Aufhebung von Urteilen, die jeweils das Landgericht in Kleve gefällt hatte, durch den Bundesgerichtshof wolle sich die Duisburger Kammer nicht angreifbar machen, indem sie bei der Begründung des Urteils Fragen offen lässt. In der ersten Instanz war der Angeklagte zu einer lebenslänglichen Haftstrafe wegen Mordes verurteilt worden. In einer zweiten Verhandlungsrunde hatte das Landgericht Kleve die Strafe auf vier Jahre Gefängnis angepasst. Beide Urteile waren wegen Unklarheiten in der Begründung vom Bundesgerichtshof kassiert worden.