Moers/Wesel. In seinen Bäckereien hilft Walid Geflüchteten in den Arbeitsmarkt – trotz einiger Sprachbarrieren. Ein Erfolgsmodell? Walid glaubt fest daran.
Mit einem freundlichen Lächeln und dem Gruß „Guten Morgen, mein Freund“ empfängt Walid Muradi die Kundschaft in seiner Backwerk-Filiale an der Homberger Straße in Moers. Seine dunklen, mit grauen Strähnen durchzogenen Haare zeugen von Jahren harter Arbeit, doch seine Augen strahlen immer noch voller Leidenschaft für das, was er tut. Seine Bäckereien in Moers und Wesel sind nicht nur beliebte Anlaufstellen für Croissants oder Brötchen, sondern sie sind zugleich ein Symbol der gelungenen Integration.
Acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Syrien, dem Irak, Senegal, Russland, Afghanistan sowie Deutschland kneten dort den Teig, putzen die Verkaufsfläche oder stehen an der Kasse. Verschiedene Sprachen und Akzente vermischen sich zu einer Melodie der Vielfalt. „Bei uns spielt die Nationalität keine Rolle“, sagt der Chef, der selbst eine beeindruckende Lebensreise vorweisen kann: 1992 floh Walid Muradi wegen des Kriegs und der politischen Unruhen gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern aus Afghanistan. Angetrieben von der Hoffnung auf eine bessere Zukunft erreichte er Deutschland, wo er sich ein neues Leben aufbauen konnte. „Deutschland ist jetzt meine Heimat“, sagt er.
Dabei war der Beginn im neuen Land für Muradi nicht einfach. Er stand vor einer unbekannten Sprache, Kultur und Umgebung, seine Familie lebte von Sozialhilfe. Trotz eines langen Asylverfahrens und zwei Abschiebungen ließ er sich nicht entmutigen, lernte Deutsch und versuchte, auf eigenen Beinen zu stehen. Als Aushilfskraft sammelte er an Wochenenden erste Erfahrungen in der Gastronomie, um 2006 eine Ausbildung in dem Bereich zu absolvieren.
Von der Flucht in die Selbstständigkeit: Walid Muradi leitet Geschäfte in Moers und Wesel
Im Jahr 2019 eröffnete Walid Muradi schließlich seine erste eigene Bäckerei in der Moerser Innenstadt. „Während der Pandemie sind die Umsätze zurückgegangen. Deshalb habe ich beschlossen, einen Schritt nach vorne zu gehen und in eine zweite Filiale zu investieren“, so Muradi. Seine Wahl für den neuen Standort fiel auf Wesel. „Die Stadt kannte ich noch von früher durch den Weihnachtsmarkt. Die bisherigen Inhaber wollten die Backwerk-Filiale in der Innenstadt abgeben“, erklärt der Geschäftsmann seine Entscheidung.
Chef aus Moers und Wesel gibt Geflüchteten eine Job-Chance trotz Sprachbarriere
Aus eigener Erfahrung weiß Walid Muradi, dass „viele Geflüchtete in Deutschland aufgrund von Sprachbarrieren und mangelnder Anerkennung ihrer Qualifikationen Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden“. So beschloss Muradi, ihnen in seinen Bäckereien die Chance zu geben, sich zu integrieren und ihren Lebensunterhalt zu verdienen: „Viele Geflüchtete wollen arbeiten, sie wollen sich selbst finanzieren und brauchen dafür eine Festanstellung.“
Nach einem ersten Kennenlerngespräch bietet der Bäckerei-Betreiber Interessierten eine zweitägige Probearbeit an. „Wenn der Bewerber mit der Arbeit zurechtkommt, dann bieten wir ihm eine feste Stelle an. Auch wenn er die Sprache nicht gut beherrscht, können wir einen Weg zur Kommunikation finden“, sagt Muradi.