Kreis Wesel/NRW. Im Kreis Wesel ist die geplante Rohstoffabgabe mitunter beliebt, aber bei den Unternehmen sorgt sie für Unruhe. Zur Not will man dagegen klagen.
In der NRW-Wirtschaft geht die Angst um. Und das wortwörtlich. Grund ist die Rohstoffabgabe auf Kies und Sand, die das Düsseldorfer Landeskabinett im Koalitionsvertrag verankert hat und die bereits Anfang 2024 in Kraft treten soll.
Und während der sogenannte Kieseuro am Niederrhein und im Kreis Wesel als willkommenes Vehikel für den Einstieg in den Ausstieg des Kiesabbaus und für den Ausbau der Recyclingbaustoffe angesehen wird, sehen Unternehmen und Wirtschafts- wie Baustoffverbände den gesamten Wirtschaftsstandort NRW in großer Gefahr. Die Angst vor der Rohstoffabgabe sei überall zu spüren, sagt Raimo Benger, Hauptgeschäftsführer des Baustoffverbandes Vero, im Gespräch mit der Redaktion.
Rohstoffabgabe: Baustoffverband Vero nennt Widerstand gegen Kies „ein regionales Problem“
Benger findet, dass die Landesregierung in der Debatte nicht das gesamte Bundesland im Blick hat. Zum Beispiel die Abbaugebiete entlang der Weser an der Grenze zu Niedersachsen. Auf NRW-Gebiet gebe es zwölf Kieswerke, die an der Weser im direkten Wettbewerb mit acht Kieswerken in Niedersachsen stünden. Die geplante Rohstoffabgabe würde diesen Betrieben einen Wettbewerbsnachteil bescheren, weil sie die erhöhten Preise weitergeben müssten. „Das sind Familienbetriebe da oben, die richtige Existenzangst haben“, so Benger. Ein anderes Beispiel seien die Quarzwerke in Frechen nahe Köln. Diese seien derzeit die größten Gewerbesteuerzahler dort.
Die Rohstoffabgabe würde zur Verknappung und Verteuerung dringend benötigter Rohstoffe führen. Und sie würde Unternehmen für eine Debatte bestrafen, die ausschließlich regional, also vor allem im Kreis Wesel, geführt werde, sagt Raimo Benger. Spannungen über den Kiesabbau wie am Niederrhein gebe es an der Weser zumindest nicht. „Es ist ein lokales und regionales Problem, das gelöst werden muss.“ Die Rohstoffabgabe sei dafür aber nicht förderlich.
Zumal man den Ausbau von Alternativbaustoffen auch auf anderem Wege erreichen könne. „Man muss uns nicht zum Recyceln zwingen.“ Als Beweis zeigt er auf ein 153 Seiten starkes Gutachten über einen verbesserten Rechtsrahmen für den Einsatz mineralischer Ersatzbaustoffe bei öffentlichen Ausschreibungen. Das Gutachten stammt aus dem Jahr 2017. „Hören wollte davon niemand was“, sagt Raimo Benger.
In Briefen an Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Umweltminister Oliver Krischer, die der Redaktion vorliegen, bekräftigt Benger für den Baustoffverband Vero und in einem Fall gemeinsam mit dem Naturschutzbund NRW (Nabu) den Willen eines Großteils der Mitgliedsunternehmen, den Ausbau von Recyclingbaustoffen voranzutreiben. Wie die Antwort aus Düsseldorf lauten wird, weiß er noch nicht. Er wolle aber auf jeden Fall erneut mit der Wirtschaftsministerin ins Gespräch kommen. „Wir geben nicht auf.“
Dass die Landesregierung so vehement auf die Rohstoffabgabe poche, könne er nicht verstehen, zumal in sämtlichen Wirtschaftsbereichen und auch in der Bundesregierung Zweifel am NRW-Alleingang herrschten.
Ob vor allem Grünen-Politikerin Mona Neubaur nach ihrem Schwenk in Sachen Lützerath jetzt auf ein Beibehalten des Kurses bei der Rohstoffabgabe besteht, möchte Raimo Benger nicht beurteilen. Für ihn ist nur klar: Komme die Abgabe, bestreite er den Rechtsweg: „Ich werde mich dann um ein Eilverfahren bemühen!“