Kreis Wesel. Am Kieseuro scheiden sich die Geister: Die Landesregierung hält daran fest, der Bund der Steuerzahler sieht eine Schwächung des Standortes NRW.

Die Ankündigung der schwarz-grünen Landesregierung, an einer Rohstoffabgabe auf Kies und Sand festzuhalten, wertet die Kiesinitiative „Zukunft Niederrhein“ als „fatales Signal für den Industrie- und Wirtschaftsstandort NRW“. Dagegen hält die Links-Fraktion im Regionalverband Ruhr (RVR) den sogenannten Kies-Euro für einen guten „ersten Aufschlag“. Die Linke fordere dies ebenso wie die Initiativen gegen den Kiesabbau schon seit Jahren, „um den Kiesabbau zu verteuern und die Kiesindustrie an den Folgekosten der Renaturierung und Wiedernutzbarmachung der Baggerlöcher zu beteiligen sowie Mittel für die Forschung und Entwicklung neuer Baustoffe bereitstellen zu können“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Dagegen zweifelt „Zukunft Niederrhein“ an einer Steuerungsfunktion durch Kostendruck. Besonders deshalb, weil Recyclingmaterial „schon jetzt deutlich günstiger als Sand und Kies ist“, sagt Geschäftsführer Sascha Kruchen im Gespräch mit der Redaktion. Außerdem werde sich der Bedarf nicht ändern, so Kruchen mit Blick auf die Energiewende und den Bedarf an mehr Wohnraum im gesamten Bundesgebiet. „Die Wunschliste der Politik ist sehr lang“, sagt der Geschäftsführer. Gleichzeitig gebe es auf längere Sicht nicht genügend Substitutionsmaterial aus Sekundärrohstoffen, um die Versorgungslücke zu schließen. Das bedeute, dass Kies und Sand aus anderen Bundesländern oder Nachbarländern geholt werden müsse.

Die längeren Transportwege hätten sicher keinen positiven Effekt auf die Umweltbelastungen, so Kruchen. Derselben Meinung ist auch der Bund der Steuerzahler NRW, der zwar das Ziel, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, ausdrücklich unterstützt, aber sich dennoch gegen eine Rohstoffabgabe ausspricht. Diese würde die derzeit ohnehin belastete Baubranche schwächen und der Wirtschaft in NRW massiv schaden. Stattdessen fordert der Bund der Steuerzahler eine vermehrte Nutzung „von Sekundärbaustoffen oder recycelten Rohstoffen bei öffentlichen Bauvorhaben“.

Inwiefern Recyclingbaustoffe geeignet sind, Primärrohstoffe zu ersetzen, vor allem im Hochbau, darüber herrscht Uneinigkeit. Momentan wird Recyclingmaterial vor allem als Schüttgut im Straßenbau eingesetzt. Für den Einsatz im Hochbau wird an das Material größere Anforderungen gestellt. Zu diesem Zweck ist am 1. August eine Mantelverordnung in Kraft getreten, die unter anderem die Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung beinhaltet. Damit sollen laut Bundesumweltministerium „erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festgelegt werden“. Um Ersatzbaustoffe zu generieren, müssten aber viel mehr Häuser abgerissen werden als bislang, so Zukunft Niederrhein.